wie zwei verlierer die welt retteten.

Holst du mich ab?

Eine Art Gedicht.





Sie spricht den Tag an.

Doch er schaut nur vorbei, um ewig zu sein.

Das Bild im Wohnzimmer, es hängt schief, ist verrückt.
Stechende Schmerzen an den Schläfen.
Wann kommt die Post? Warum ist die Haut dieser Frau so runzelig?

Mindestens sechs Schläuche im Darm.
Zwei Plastikrinnen im Schädel.
Der Stuhl quillt aus deinen Wunden.
Am Ende.

Erinnerungen sind Tropfen.
Sie fallen langsam.
So langsam - du denkst, du könntest sie fangen.
Aber zerplatzen auf dem Boden.
Zerplatzen, verdampfen und vergehen.

Die Sonne geht selten auf. Sie vergisst den Morgen.
Ein Mann. Ein fremder Mann in ihrem Wohnzimmer.
Hat sie überhaupt ihre Hausaufgaben gemacht?

Katzen sind fein. Ein dicker schnurrender Kater umstreicht ihre Beine.
Die Suppe kocht über, ist vergammelt - woher kommen diese schrecklichen Wunden an den Beinen?
Wieso kann sie ihre Harnröhre sehen?

Maria, bist du gekommen um mich zu holen? Das ist doch deine Tochter, Liebling.
Ich hab die Katze rausgelassen und war einkaufen. Den Klempner und einen Arzt rufen.
Nachts wird sie unruhig. Sie sucht und sucht - und weiß nicht mehr was.
Eindringlinge, Rowdys, Mörder, Diebe, überall Verbrecher.
Wenn diese fürchterlichen Schmerzen nur endlich verschwinden könnten.

Ein Stück winziges Leben gemacht aus sehnigen Pumpen.
Ein kurzes Zucken während einer halben Erdumdrehung.
Unbedeutend, denn Götter würgen keinen Stuhlgang hoch.
Unbekannte Menschen am Bett. In einem fremden Haus.
Ein älterer Herr anwesend, keine Falten - Furchen im Gesicht.
Die Augen sind Feuer, der Atem Gift, der Tod ist zu Besuch.
Ein hässlicher Pfleger, zwei Ärzte und eine Doktorin am Bett.
Ihre Nieren werden vom Gefäßsystem im Stich gelassen, sie muss die Katze füttern.
Der ältere Herr trägt einen Mantel aus Jahrhunderten und sie fürchtet um Maria.
Sie wird ihn ablenken, Maria darf nichts geschehen.

Ihr offener Bauch, bedeckt von einem grauen Tuch.
Der Mund leicht geöffnet, eine verschwitzte und volle Schutzhose.
Plastik das sie sich aus den Arterien gerissen hat.
Alleine im Zimmer mit einer jungen Frau.
Ihr Gesicht - wunderschön - sie muss ein Engel sein.
Maria sitzt vor dem Fenster, hinter ihr die Sonne mit dem blauem Himmel.
Keine Wolke zu sehen.
"warum nennst du mich mama, maria?"
"weil du meine mama bist. kennst du mich wirklich nicht mehr? ich bins doch - sarah."
Warum hat sie Tränen in den Augen?
Doch der Schmerz ist weg. Ein Wunder.

Verstecken spielen.
Der Mais hochgewachsen.
Die Luft warm und doch frisch.
Für immer ein kleines Kind.
Den Sommer wirklich fühlen.
Ferien die niemals enden.
Jeden Tag lachen, hitzefrei und am Strand Eis essen.
Die Pommes voller Sand und die Haut bedeckt mit Salz.
Wenn ich Dich niemals vergesse,
dann kannst du gar nicht sterben.

Drogen sind

Die deutsche Literatur ist unsere Schlampe.
Lesen und verstehen.








Der Psychologe, der Vertrauenslehrer, Mama und Papa, die Freundin, die Ex - Freundin, der liebe Gott, der Doktor bei der Musterung, deine kleine Schwester, dein Bruder, deine Großmutter, der Obdachlose, der Gläubige, die Polizei, DIE JUSTIZ, der Staat, die Experten, die Talkshows, dein Gewissen, die Krankenschwester, der Aussenseiter, deine Seele, die unterbezahlten Streetworker, das Jugendamt, die Stille am Nachmittag, alle, alles, jeder - sie alle!

alle fragen dich -

Was sind Drogen?


Der Aschenbecher auf dem Tisch, mein Blick in der Vitrine, das Glas, in dem mein Gesicht so schwammig reflektiert. Gebrochen von den Rauchschwaden, auf dem Weg nach oben, Richtung Deckenlampe.
Ihr Foto an der Wand, den Stein im Kopf, das Gewissen im Arsch. Die Antwort zwingt mich zum KO - Schlag, hole ich doch regelmäßig aus wie beim Sucker Punch in der U-Bahn. Ich asche ab, überlege, stehen sie alle bei mir vor der Tür und wollen Antworten haben. Später gibt es Teegebäck, Konzentration denn -

ich sage,

Drogen sind Freunde, sie sind Feinde, manchmal auch Komplizen auf der Flucht. Drogen sind nur vier Stunden Schlaf und den Schmerz im Kopf. Abschätzige Blicke, drängende Fragen, leere Versprechen, große Ideen. Tolle Erinnerungen, ewige Freunde, tote Menschen.
- Drogen brauche ich, Drogen hasse ich. -
Sie bedeuten, ey, du kannst mir gar nichts, sie zeigen Sklaven die sagen, ihnen gehöre ihr Leben und sie würden, ach hör doch auf, kommt permanent von der Seite - Drogen sind, ich kann jetzt nicht ausreden. Angst, Einsamkeit, Geselligkeit, blutenden Nasen und Ausreden. Ich kann jetzt frei denken und Drogen sind lassen ICH WILL ALLEINE SEIN! Paranoia, Psychose, Kreativität, Ticks, Neurosen, wilder Sex, intime Küsse, ewige Momente, Kotzen während man hemmungslos aus Körperöffnungen blutet.
Ich stehe vor dem Durchbruch und ich will mich umbringen. Obsession, Leidenschaft, vergiss nicht First und Secondplayer bei Pro Evolution Soccer, ich gewinne jedes Spiel. Verzweiflung, Kopie, doppelter Boden, bitte einmal OCB und die Tipps, wieso hat die Tanke zu? Häufig auch, scheiß drauf Digga, ich mach's. Durchhalten, Leistung, seit 20 Jahren vor dem Schlafen beten. Könnte schlimmer, könnte besser sein, falls mich jemand hört, jawohl ich danke.
Schöne Mädchen, zerstörte Leben, Krankheit, Tod, Leben ich will dich nie wieder sehen. Drogen sind mein Leben, lieber drei Jahre Kontrolle als siebzig Jahre schlafen. Sie sind, ich kann das eigentlich nicht mehr lange so machen, mein Leben ist die Hölle, am Wochenende muss ich es einfach vergessen dürfen. Ich antworte mit erhobener Hand und werde niemals müde zu behaupten, Drogen sind der einzige Weg, ich verachte dein Leben, ich hasse alle deine Ideen, ich verabscheue dein Äußeres. Gott, wenn ich es sogar schwöre, tief in meinem Herzen, ich benutze Klischees, und wiederhole tief in meinem Herz; ich kann einfach nicht leben, weil ich euch und was ihr seid so sehr hasse. Drogen sind, zumindest entscheide ich an was ich kaputt gehe, passend dazu oben, der doppelte Boden, Psychosen und eingebildeter ich kann jederzeit aufhören, Maria, wenn ich es dir doch schwöre. Drogen bewirken, ich bin jederzeit ehrlicher als du, und lüge nur wenn mir danach ist. Drogen sind, ich komme in den Himmel -weil - ich bin ein guter Mensch. Sie sind, ich rufe dich nie wieder an, sie sind, in zehn Minuten hundert mal an dich gedacht, vielleicht geht dann was. Sie sind, kennt ihr den Affen im Nacken? Sie sind, ich habe mehr erlebt als du und ich will einfach mal wieder ausschlafen und meine Ruhe vor der Welt haben. Ich reiche Teegebäck, meine Antwort dauert eine Weile. Sie reißen ein Loch in deine Welt, Dinge aus einer anderen Perspektive, Dinge aus einer falschen Perspektive. Druck auf dem Brustkorb, Angst vor dem Tod, Menschen widern mich einfach an. Drogen, sind nur da, weil alle anderen nüchtern langweilig sind. Alles geht kaputt, ich will es nicht sehen. Zwei Frauen in einer Nacht, andererseits auch, Versagensängste und Risse in der Männlichkeit.
Von der Party zurück, Sascha pass mal auf, ich glaub [Drogen bedeuten] wenn ich jetzt einpenn', tötet mich mein Hirn im Schlaf. Ich lauf die Nacht um mein Sofa, Drogen sind, schlaf nicht ein, bleib unbedingt wach. Wahrscheinlich nicht für jeden, doch für mich sind sie, mir ist das Geld egal, das Team will den Ruhm.
Drogen sind - und wenn ich mich verkaufe, ich zieh das durch, wer haut was raus? Irgendwann klappt es bestimmt. Sie lassen mich gefährlich wirken, für kurze Wochen, manchmal auch nur Stunden, kostenlos ficken mit schauspielerndem Rock'n Roll und ungestrecktem Dope. Drogen sind, Geheimnise, erzähl's nicht weiter, war ein Fehler. Termine in ambulanten Kliniken, ich geb zu, bin gezwungen mich zu belügen, es tut mir leid, es ändert Nichts.
Vergehen in flackernden Neonlichtern, tanzen mit fremden Mädchen, Küsse Nachtbus, Sekt schmeckt nur selten, aber passend, gut. Ich habe keine Angst vor deinem Urteil und ich fürchte dein Reden, ich bin ein Nichts, Drogen bedeuteten ich bin ein willensschwacher Mensch, die Meisten sind etwas besseres als Ich. Wenn man könnte wie man wollte, alles was ich besitze langweilt mich. Drogen sind Hoffnung auf etwas Besseres, muss da draussen sein, leider finde ich es nicht. Ich zerbumse deine Freunde, stehe Seite an Seite, mit Sodomie und deiner Ex - Freundin, die du hoffentlich immer noch liebst. Ich schwöre auf den ersten guten Roman der Welt, halte die Konfirmationsbibel meiner Mutter in der Hand und sage - Drogen sind, ich schwöre, ich habe die Hölle gesehen. Offenbarung des Johannes, schon sechsmal durchgelesen, Schalen des Zorns, Weltmeere die kochen, Leid, der letzte Kampf, es beeindruckte mich sehr.
Patient glaubt an Gott, schiefer Blick, Psychosendiagnosen, Medikamente dreimal am Tag, Wirkstoff Grund für Depotwirkung, Entlassung zum Wochenende, Visite Ende. Der Vergleich hinkt, das sagt ihr. Drogen sind, ich will das, Meine Antwort ist sehr lang, wie die Liste der toten Menschen die vor mir ihren Darm entleerten. Man gibt mir wenig Geld, ich beklage mich gern, Drogen sind, ich habe Ausreden - du ein Leben. Sie sind,
ich wiederhole mich nicht gern, aber so eine hübsche Frau wie dich habe ich noch nie gesehen, wie ist dein Name, wo kommst du her, nenn mich wie du willst, bitte geh noch nicht weg, ich fühl mich in Discotheken häufig einsam, lass uns tanzen, könntest du nicht die gesuchte Traumfrau sein, die erlöst, um zu haben und zu halten, bitte verlieb dich in mich, bin zwar unglaublich dumm, dafür gebe ich alles was ich habe, zwar nicht viel, doch es gehört dir, bitte was? Drogen sind und dann seh ich dich, ich halte dich für einen utopischen Traum von Intimität, Verständnis und bis in den Tod. So reich mir doch ein Taschentuch, ich red nicht immer so, nein, das ist kein Blut.
Drogen sind eine Waffe, du hast Muskeln, ich kombiniere chemische Formeln mit Buchstaben, welche Armee soll mich schlagen, ich kämpfe mit allen was ich habe, schicke Truppen in die Schlacht, meine Waffe ist die Sprache.
Bedeuten sie doch, ich bin etwas Besonderes, wenigstens hab ich die Kraft an Etwas zu glauben, während du noch nüchtern schimpfst. Drogen sind, darf ich vorstellen, Abruch, entschuldige, bitte, schon kurz vor zwölf, Papier, Tabak, Tupperdose und wo ist das Feuerzeug schon wieder. Unter anderem der Grund, ich war dem Tod sehr nahe und permanent gezwungen von Verstecken körperlicher Symptome. Drogen sind Multiplikation, Highscore, Aufstieg, Niedergang durch ein Nasenloch gezogen oder in Fettfalten gespritzt. Drogen sind unter uns, Leugnen, Heucheln und schau sie dir doch an, ich bitte dich.
Drogen sind, Schatz hör auf, ich hab Angst um dich, lange her, sehr geliebt, traurige Augen, daran zu denken, was denkt du? Drogen sind, ich höre ihre Stimme als wäre sie noch hier, bitte hör auf, das ist es alles nicht wert. Ich werde verrückt, ich wirke gesund, ich brauche keine Hilfe, vielleicht doch, erneut kein Schlaf, immer noch wach, was sind Drogen? Unter anderem auch das Erkennen und gleichzeitige Verdrängen, wir werden alle sterben, du verdrängst es, wach auf, alles wird sterben, kein Sinn, ich habe Angst, alles endet, das kann nicht sein, Drogen sind Antwort auf, ist da wer und wenn ja, was wird sein?
Deine Mutter, deine Großmutter, der Psychiater, weltweit verschifft, sie stecken alle unter einer Decke. Pharmazie, Drogen sind organisiertes Verbrechen. Ungläubiges Staunen, Geschichten, Drogen sind, das kann ich nicht erzählen, sie wollen mich im Knast, Drogen sind - verpiss dich, ich bin härter als du! Ich denke auch sie sind Angst vor Dir, bin beeindruckt sowie eingeschüchtert, Drogen zeigen, ich bin sensibler als Du. Wie gesagt, führen sie dazu, ich bin ehrlicher, mag keinen Alkohol, Marke Herdentier zwingen sie mich in der Kneipe vor dem Deich zum kurzen Vergessen meiner Abneigung. Drogen sind ein Klebstoff, bin so widersprüchlich, dass ich fast zerreiße. Eigentlich kann man es kürzen, eventuell herunterbringen auf -
ich habe so fürchterliche Angst, kann heute wieder nicht schlafen,
mag dich nicht, hoffe auf Belohnung,
nenn es Gott,
ich nenne es Suche nach dem Ich.

Mein Onkel


Mein Onkel steht an dem Fenster im Wohnzimmer.
Er ist alleine.
Mein Onkel hat fettige Haare und riecht nach Alkohol.
In der rechten Hand hält er eine Flasche Bier.
Meine Tante steht im Erdgeschoß hinter der Kasse.
Die Beiden betreiben ein Blumengeschäft.



Mein Onkel geht nicht aus dem Haus.
Er mag die Welt nicht mehr
Vor zwei Wochen hat er sich zum ersten Mal seit acht Jahren wieder getraut
die Wohnung zu verlassen. Wir freuten uns, er war freundlich und gut gelaunt.
Er besuchte meine Oma und bedankte sich, er ging zu seinen Stiefbrüdern
und redete mit ihnen über alles,
- einfach alles - 
außer seinen Problemen.

Mein Onkel schaut aus dem Fenster auf die Straße.
Und neben ihm, auf der Vitrine steht ein Aquarium.
Das hat ihm seine Frau zu Weihnachten geschenkt.
Wer ist Fisch und wer ist Mensch?
Wer ist gefangen und wer ist frei?

Sie leben in einer kleinen Straße, mitten in der Altstadt.
Historisch, verwinkelt und lebendig.
Mein Onkel erinnert sich mit Schaudern an die offenen Plätze vor ihrem Geschäft.
Der Himmel ängstigt und bedroht ihn mit majestätischer Unendlichkeit.

Die Wohnung ist warm, draussen ist es kalt.
Es riecht nach Blumen, es riecht nach Zigarette.
Mit seinen beiden Händen umklammert er jetzt die Bierflasche,
er umklammert sie wie ein Ertrinkender der ertrinken will.

Die Wand hinter ihm ist mit Fotos behangen.
Die Familie, die Kindheit, sein Sohn,
die Vergangenheit eben.
Die Zukunft hat mein Onkel abgeschrieben, es beruht auf Gegenseitigkeit.
Auf einigen dieser Fotos an der Wand, lächelt er,
hält seine Frau im Arm und spielt mit ihrem Sohn.
Das größte Bild ist eine Aufnahme unserer gesamten Familie.

Heute ist Freitag.
Meine Tante wird sich heute Abend mit Jemandem treffen.
Mein Onkel weiß das.
Und für ihn ist das in Ordnung.
Obwohl die Frau - die er doch so liebt - von ihm entfernt lebt,
bleibt sie bei ihm. Er hat keine andere Wahl.

Mein Onkel seufzt und trinkt noch einen Schluck.
Hier vor dem Fenster läßt es sich gut trinken.
Er hört eine Stimme und dreht sich um.
Doch da ist nur das leere Wohnzimmer.
Der Esstisch, der Fernseher und der funktionsfähige Betamax.
                           Heute Nacht wird sich mein Onkel erschiessen.

Mein Cousin ist ein schlauer Junge.
Wir sind gut befreundet. Und das wird sich bald ändern.
Weil es für jeden eine Grenze gibt.
Und wenn diese Grenze übertreten wird, gibt es Menschen die nicht schreien
oder durchdrehen - Nein - diese Menschen sagen
"Alles ist in Ordnung."
Sie fragen:
"Was sollte nicht in Ordnung sein?"
Diese Menschen ertrinken in trockenem Salzwasser.

Meine Tante wird in ein paar Wochen erzählen, dass jetzt ihr neues Leben anfängt.
Und da hat sie Recht. 
Meine Tante wird in einigen Monaten einen Freund haben.

Er wird sich um zehn Uhr Abends in das Ehebett legen.
Etwas schlafen.
Dann, spät in der Nacht, wird mein Onkel aufstehen
und sich das Geburtstagsgeschenk seiner Frau anziehen.
Ein selbstgestrickter gelber Pullover.
Mein Onkel wird sich an den Esstisch setzen und einen Brief an seinen Sohn schreiben.
Nachdem er unterschrieben hat, wird er beschließen in den Hinterhof zu gehen.
In der linken Hand das geladene Gewehr aus dem Schützenverein.
Er wird sich neben eine Mülltonne setzen, das Gewehr in den Mund nehmen
und dann wird mein Onkel abdrücken.

Vom Unterbrechen der Stille

Sie schaut in den Spiegel und betrachtet ihre Brüste.












Es sind die Brüste einer Mutter.
Das Schweigen in der Wohnung lässt ihr eine Gänsehaut auf dem unbedecktem Körper stehen.
Die Stille, das sind die Schmerzen in ihrem Kopf. Das tut weh.
Das Radio ist manchmal an, aber es ihr zu hektisch, es erinnerte sie unter anderem an Vormittage. Vormittage auf Krankenhausfluren.
Fremde Hände. Ein fremdes Kind im Arm. Das tut weh.
Sie ist ja keine böse Frau. Das käme ihr nicht in den Sinn.

Es ist Sommer und sie sitzt vor dem Fernseher. Gescriptete Realität. Das gefällt ihr. Das ist Kontrolle.
Den Schauspielern geht es schlecht, sie sind Verlierer, sie sind ja auch noch nicht mal richtige Schauspieler.
Sie war heute mit ihm auf dem Spielplatz. Da waren Kinder ohne Augen. Münder die nicht zum Lächeln gedacht waren.
Sie strahlten eine flirrende Agression aus. Purer Hass auf ihren Verlust an Liebe.
Sie möchte ihnen sagen, dass sie gar nichts dafür kann. Weil die das so gemacht haben.

Die das sind Menschen mit kalten Händen, sterilen Kitteln und guten Ideen.
Man müsste nur seinem Herz folgen und abwarten. Strafende Blicke beim Entbinden, das ist die Wahrheit.
Der Hass versteckt hinter Floskeln, pures Verhöhnen.
Und jetzt ist die Stille da und sie geht nicht weg.
Er hört sich nicht menschlich an, er lispelt, er ist ein Monster.
Aber sie liebt ihn, das weiß sie. Ihr Auftrag.

Die Frau neben der Liege hat keine Ahnung. Sie ist ein schwarzes Loch. Ein schwarzes Loch, dass alles frisst.
Alle Ideen, Gedanken und Erinnerungen verbrennen in ihrem Strahlbereich.
Dieser Frau ist nicht klarzumachen, wie sehr es in ihrem Bauch brennt. Wie scharf diese Einsamkeit schneidet. Sie macht sich Notizen. Scheiß auf deine Notizen, denkt sie.
Durch die Stadt gehen ist anstrengend, überall Gründe weiter traurig zu bleiben. Ihre rechte Hand tut vom ziehen weh.

Am schlimmsten ist es, wenn er weint.
Dann hasst sie sich, weil sie an ihrem Auftrag scheitert. Diese Welt ist kein guter Ort für schlechte Menschen wie sie.
Aber woher kommt das? War das nicht mal anders.
Und ob es das war. Der Sommer bestand aus Wärme, Schwimmen gehen und auf dem Balkon sitzen.
Reden, sich mitteilen, nicht alleine schlafen, keine Angst vor der Nacht haben.
Das ist doch auch ein großes Problem, die Nacht, dunkel und schwarz, träge vor der Tür.
So träge wie die Tabletten sie machen, alles wird zu Brei.

Das Krankenhaus ist direkt vor ihrer Tür. Jeden Tag steht es da.
Es wird nicht weggehen, nichts wird hier weggehen. Es ist unerträglich endgültig.
Wie wäre es denn dem ganzen ein Ende zu setzen? Wäre das nicht eine verlockende Idee?

Die Entscheidung ist gefallen, ja, heute ist ein guter Tag.
Es ist Sommer, die Sonne scheint, sie erstickt ihren Sohn.
Die Luft ist schwül, sie schwitzt, ihre Haut wird von einem Schweißfilm bedeckt.
Sie hat eine Wahl getroffen und geht über die Strasse, im Treppenhaus war es angenehm kühl.
In der Eingangshalle schreien Menschen, es ist trotzdem still.
Der Finger zuckt, es dauert noch nicht einmal eine Sekunde, die Münder gehen langsam auf, die Muskeln spannen sich an,
die Menschen wollen jetzt schreien. Türen werden knallen, Schuhe werden Geräusche auf dem Boden machen
und nun ist die Stille unterbrochen. Ein Pfeifton im Ohr.
Sie hat einen Pfleger erschossen, sein weißes Hemd wird rot, es hat ein Ende.
Ihre Haut wird von Kugeln aufgerissen, es riecht nach verbranntem Fleisch, sie bekommt keine Luft mehr,
weil jetzt Löcher in der Lunge sind.