Für meine Brüder und Schwestern
Übrig geblieben ist der Geschmack,
nachdem ich mir die Nase putze.
Dieser Geschmack wird mich immer
wirklich immer
daran erinnern wer ich war und bin.
Geblieben ist die Kieferpresse.
Wenn die Unruhe in meine Wohnung platzt,
dann knirschen meine Zähne.
In meinem Bett werden Frauen nachts wach,
weil ich meine Zähne zerschlage.
Frag mich was geblieben ist.
Denn viel ist es nicht.
Schorfwunden in der Nase.
Komisch, oder?
Sowas schon mal gehört?
Es ist fast drei Jahre her.
Und ich
habe noch immer Wunden
in den ableitenden Atemwegen.
Frag mich was bleibt,
es ist nicht viel,
aber es macht sich bemerkbar.
Wenn ich Nasenspray benutze.
Der bittere Geschmack im Hals.
Ich schmecke Ammoniak und will Stoff.
Ich desinfiziere mir die Hände und will Oxycodon.
Viagra, 'zepame, Weed, Koka, Zolpidem und Ketamin.
Flüßig, Pulver, Rauchen, Sniffen, Augentropfen.
Wenn du mir Lollis gibst,
scheiße,
die lutsche ich auch.
Gib mir Paste,
per Augenmaß,
mach ich dir Pulver draus.
Frag mich auf Prepaid wann ich Zeit habe,
gleich gleich Digga,
muss erst dahin und dann dahin.
Geblieben ist der Wunsch nach der Shotgun.
In den Kopf ballern.
Alles ausschalten.
Keinen Elektriker rufen.
Wünsche ausleben.
Es brennen lassen.
Neonlichter.
Sechs Stunden lang ficken.
In WG-Küchen heulen.
Und deine Verlobte zum Orgasmus bringen.
Auf dich pissen und deinem Lebensgefühl keinen Respekt geben.
Niemanden akzeptieren.
Menschen als Investitionen betrachten.
X mal Z ergibt wann ich dich ficken kann.
K durch G zeigt mir wie oft ich dich bestehlen darf.
Frag mich was mich runierte,
es hat eine Katastrophe gebraucht,
aber ich bin jetzt still.
Reduzierte die Ansprüche.
Nicken und lächeln.
Therapie, Kliniken.
Testblätter ankreuzen.
Reflektion.
Nüchtern in der Nacht im Bett liegen
an die Decke starren
und dort den Schlaf suchen.
Irgendwo da oben wird er schon kleben.
Ja, wenn wir schon dabei sind.
Was geblieben ist
sind behinderte Kontaktnummern.
Stundenlange Einzelgespräche.
Unendlich langweilige Gruppentherapien
in denen ich jegliche Formen von Alkoholismus kennenlernte.
Geblieben ist der Hass.
Die Wut.
Babysebi.
Ich vergiftete eine Arbeitskollegin weil sie mir auf die Schliche kam.
Ich vergiftete die ganze Atmosphäre, zündelte Intrigen und
sie kamen alle in Lügen um.
Übrig bleibt der Funken eines schlechten Gewissen.
Aber nur aus Pflichtgefühl.
Es ist ein Geheimnis.
Nicht weitersagen.
Aber ich fühle nichts.
Ich habe es alles zerstört.
Ich ballerte soviel dass ich mir jegliches Gefühl nahm.
Warum nahm er sich die Empathie?
Weil er sie nicht mehr ertragen konnte.
Du willst Gangster sein?
"Wenn sie von aktuellen Straftaten berichten bin ich sowie meine Kollegen dazu verpflichtet diese Sachverhalte der Polizei mitzuteilen. Ich möchte sie darauf hinweisen dass sie sich mit jeglich weiteren Aussage selber belasten können und somit einen sofortigen Therapieabruch auslösen könnten."
Es bleibt Sprachlosigkeit.
Das Unvermögen irgendeinem anderen Menschen
einen Opiatentzug zu beschreiben.
Halluzinationen und Schmerzen sind individuell empfindbar,
kein Hauch von Objektivität.
Die Erinnerung bleibt.
Erinnerungen an die Wohnung als Gefängnis.
Ein einziges Ziel:
Zehn Tage durchhalten.
Wasser trinken, kotzen, heulen, schreien, krampfen
und nicht aufgeben.
Frag mich an was ich mich erinnere,
es ist nicht viel,
reicht für Buchstaben auf Papier.
Klanglaute auf Zunge.
Schmerzen in der Schläfe.
Ich bin tot und kann leben.
Hätte sterben müssen.
Hab es verkackt.
Nur noch eine Hülle die euch anlächelt.
Unsichere Bewegungen.
Nervöses Stottern.
Kaputtes Lächeln.
Denn ich weiß doch gar nicht mehr
wie sich echte Menschen verhalten.
Übrig blieben Erinnerungen an Geheimnisse
die ich zum ersten Mal hier niederschrieb.
Alleine in der Notaufnahme liegen.
Krampfanfall nach Kokainüberdosierung.
Dem Arzt das Versprechen abringen niemanden zu benachrichtigen.
Den Magen ohne Betäubung auspumpen lassen.
Dialyse light auf der Intensivstation.
Die Schwester anbetteln.
"Bitte, bitte bitte rufen sie nicht meine Familie an!"
Zwei Stunden vollgestuhlt im Bett liegen.
Zu nichts mehr fähig.
Nur noch heulen.
Sprich mich an.
Frag mich.
"Hat es sich denn gelohnt?"
Denn es war alles vergebens.
Nun da ich weiß dass ich mich nie wieder so gut fühlen werden,
nun da ich weiß dass ich so ein Gefühl nie nüchtern erleben könnte,
bin ich am Boden.
Meine Erinnerungen waren Videodateien,
meine Worte waren Charme,
ich war ein Held, frag deine Verlobte.
Gib mir drei Tastaturen, gib mir Lexika und reich mir ganze Bibliotheken,
nichts könnte meine Euphorie beschreiben.
Ich war doch so weit oben und bin wieder unten.
Manche Momente sind erträglich
und man sagte mir dass wäre dann der Zeitpunkt
an dem man sich als "glücklich" erklären müsste.
Ist das was normale Menschen Glück nennen?
Das Fehlen von Schmerz?
Denn geblieben sind gewisse Instinkte.
Man erkennt seinesgleichen.
Auf Konzerten erkenne ich sie.
Im Bürgerbüro.
In der Discothek sowieso.
Selbst auf der Straße bleiben sie mir nicht verborgen.
Klammern sich an die Medikamente
die der Hausarzt verschrieb.
Fassen dreimal an die Tasche.
Ob das Tütchen wohl noch da ist?
Lutschen immerzu Bonbons,
weil der Alk aus dem Hals stinkt.
Die Verlorenen.
Die ach so Traurigen.
Gestalten von dunkler Atmosphäre.
Getrieben von verzweifelter Freundlichkeit.
Oder gestört von Normalität.
Können vor mir nicht verbergen
dass ihn ihrem Kreislauf das Gift schreit.
Können sich nicht äußern,
und wenn dann nur falsch.
Reden nur Unfug,
müssen aber reden,
weil sie sich erklären wollten.
Die Junkies.
Sie sind meine Familie.
Denn alle Menschen sind nett
und verstehen mich.
Doch hassen können mich nur Süchtige.
Denn nur wir haben einen gemeinsamen Nenner.
Ich fühle mit ihnen.
Und getrieben von unserer Angst
denken wir in der Nacht
an den nächsten Tag.
Weinen, wichsen und pissen in unsere Bettwäsche.
Verdienen alles und geben es aus.
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