wie zwei verlierer die welt retteten.

Patientenblog (37) Scham

  
Ein kurzer beleidigender Text, danke.

Eigentlich ist uns doch so vieles peinlich, die eine Strähne im Pony sitzt nicht, peinlich.
Die Jacke hat einen Fleck, oh Gott, wie peinlich, so kann ich nicht rausgehen. Vor den Eltern meines Freundes einen Döner essen? NIEMALS! Zu peinlich! Wieso führt sich das nicht im Krankenhaus fort?

Ich weiß gar nicht mehr wann ich jegliche Scham über Bord geworfen habe. Ich glaube das war schon vor meiner Berufswahl.
Ich bin mit ziemlich verrückten Freunden gesegnet, und habe mich daher selten für irgendetwas geschämt. Nackte Männer, überraschenderweise ein Penis auf der Schulter, in der Disco ausziehen, spontane Zungenküsse im Matheunterricht. Das hat mir alles nicht so viel ausgemacht, von daher kam ich von Anfang an mit nackten (alten) Menschen klar. Ähm ja.

Doch kann ich mich an einen kleinen Moment erinnern. Ich durfte einem Patienten zum ersten Mal ein Klistier (google) geben.
Eine drei Milliarden Jahre alte Frau. Sie musste die Hose (natürlich) runterziehen und in diesem Moment hat sich der letzte Rest Scham in meinem Kopf die Pulsadern aufgeschnitten.
Ich habe bis jetzt auch noch keinen Erstjahresschüler getroffen, dem irgendwas peinlich war. Komisch eigentlich, wahrscheinlich verstecken sie es und kotzen dann auf der Mitarbeitertoilette.

Ich hatte einmal das "Glück" über Weihnachten auf der Gynäkologie auszuhelfen. Die Gynäkologie hat in jedem Krankenhaus einen schlechten Ruf. Nur Frauen da, Gezicke, Intrigen, Faulheit, Panik wenn mehr als zwei Blutdrücke zu messen sind und dann erst die verrückten Patienten. Langeweile die davon unterbrochen wird, dass man tote Säuglinge aus der Toilette fischen darf. Großartige Arbeit.
Ich wurde in den Nachtdienst gesteckt, war also mit den weiblichen Patienten alleine. Innerhalb von fünf Sekunden wurde ich als männliches Wesen sofort neutralisiert. Natürlich dauerte es nicht lange und die erste Frau klingelte.
Ich betrat das Zimmer und eigentlich im selben Moment warf die junge (! und hübsche) Frau die Bettdecke zur Seite, spreizte ihre Beine und zeigte mir ihr "Problem". Puh. Ähm. Ja.
Kein Erklären, kein Wort, nein, nur ich, eine Frau und zwei weit gespreizte Beine. Wer da jetzt eine besondere Zweideutigkeit sucht, der darf sie gerne in vaginalem Pilz finden.
So ging das die ganze Zeit. Permanent wurden mir Pussies ins Gesicht gehalten, okay, ich bin ausgebildeter Krankenpfleger, kein Problem, aber irgendwie hatte ich doch mit etwas Scham und Zierde gerechnet. Wären die Frauen alle zu verkrampft gewesen sich bei mir zu melden, hätte mir das die Arbeit sicherlich mehr erschwert, aber bitte, ich bin noch jung, habt Gnade.

Natürlich befinden wir uns im Krankenhaus, einem sicheren Ort, wo einem auch wirklich nichts peinlich sein muss. Egal was du bringst, irgendwer hat es schonmal gesehen und schockiert ist sowieso nur der PJ'ler.
Doch wundert es mich mit welcher Selbstverständlichkeit Menschen 160 Kilo wiegen. Wir müssen ab 120 Kilo ein extra Bett bestellen, dem OP muss Bescheid gegeben werden, damit sie die Tragen verstärken.
Mitten in der Nacht ruft mich eine Kollegin zu sich, mich erwarten, ein Intensivpfleger, der Sicherheitsmann, eine Hebamme und eben genannte Kollegin. Wozu wir uns versammeln mussten? Die Patienten in der 17 wollte anders liegen, bei 120 Kilo und einer Körpergröße von 1,70m, ein Problem. Während wir sie zu viert im Bett hochwuchteten, kicherte die Frau sich einen ab. Wie lustig das alles wäre. SCHWEIG! Versink in peinlichem Schweigen. Es war so anstrengend, dass wir beim Heben offen geflucht haben. Vielleicht war das ihre Art diese schrecklich peinliche Situation zu ertragen, aber das interessiert mich nicht. Für so etwas habe ich kein Verständnis. Absolut nicht. Es bleibt ja nicht bei 120 Kilo, wir hatten schon 200. Dafür muss man sich richtig anstrengen, um so ein Gewicht zu erreichen muss man sich einen verfickten Fressplan aufstellen. Man muss Mathematiker einstellen, die einem einen Plan errechnen, wie schnell man wie fett wird. Ganz zu schweigen vom erhöhten Personalaufwand im Krankenhaus, Gesundheitskosten, Materialkosten und was nicht alles für solche Leute aufgerechnet werden muss und ich darf nicht rauchen?
Dass diese Frau dann aber auch noch eine halbe Stunde später wieder gedreht werden wollte, hat mich wirklich überrascht.
Ich erwarte keine Entschuldigungen, aber eine gewisse Zurückhaltung würde ich mir da schon wünschen.

Das war jetzt ein kurzer kleiner beleidigender Text, damit ihr alle auf das nächste Thema vorbereitet seid.
Nächstes Mal wird es dreckig, polemisch, gemein, selbstgerecht und einfach nur fürchterlich beleidigend!
Es geht um
Angehörige...(BABAAAMMMM!)

6 Kommentare:

  1. hehe...garnicht schlecht...wobei die gyn wirklich sehr grausam ist (schwangerschaft ist wohl doch ne krankheit).

    weiss jetzt zwar nicht in welchem haus du diese grandiose erfahrung mit dem lagern gemacht hast, allerdings muss ich da mal gratulieren; ich wurde als schüler in der geriatrie zu nem dementen 80jährigen und einem 140kg re-apoplex patienten geschickt...zur grundpflege...alleine (!).

    naja, was willst machen, ham uns den sch*iss ja selbst ausgesucht...nur gut dass ich mir einrede sowas ist den patienten unangenehmer als mir

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  2. Ist zu toppen: 350kg Lebendgewicht mit dem vollen Programm: Fenster aus der Wand stemmen und Rettungstransport per 12 Tonnen Kran und Muldenkipper. Zur EKG-Ableitung bietet es sich uebrigens an die Stahlmandrins aus den Braunuelen in der Brust zu versenken und mit den EKG-Elektroden zu verbinden. Reanimatin ueblicherweise per Stiefel-Brustdruckmassage.
    Bietet jemand mehr? =P
    Und ja, nichts ist mehr peinlich. Wenn der Statiker kommen muss, weil sich der Krankenzimmerboden woelbt (!), dann ist das halt schlechte Bausubstanz, deswegen muss man nicht abnehmen.

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  3. touché (wie der franzose sagt?)

    naja...die werden schon ihre gründe haben...schoki ist halt auch lecker

    und ich mach mir sorgen wegen 5, 6 kilo zuviel und dem rauchen dazu...bei meinem glück erwischt mich der embolus lange vor solchen kolossen, aber naja...only the good die young oder so

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  4. The good die young while the bad die fat? =P
    Ich sag ja garnix, wenn das ein Stoffwechselproblem ist. Ist halt aergerlich wenn man sich dran kaputt buckelt, aber dann isses eben so. Manche Menschen sind halt einfach 'schwer'.
    Aber wenn die ganze Familie so herumlaeuft (-rollt!) und das Treppenhaus vom linken zum rechten Treppengelaender ausfuellt, dann ist das echt unnoetig. Und das aergert mich dann mindestens so masslos, wie die masslos essen.

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  5. Ich warte nur auf diesen Tag, an dem die RICHTIG FETTEN MENSCHEN höhere Krankenkassenbeiträge zahlen müssen.
    Das wird wohl die beste Diät sein!

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  6. Toll ist auch wenn man sich von adipösen Menschen anhören darf, wie ungesund Rauchen doch ist. Ja klar, danker für den Hinweis, aber...

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