wie zwei verlierer die welt retteten.

Silhouette

Ich bin eine Silhouette.
Schemenhaft.
Am Haupteingang vom Bahnhof.
Während der Mond die Nacht beleuchtet.
Die Gleise und die Züge.
Suchst deinen Anschluss.
Und ich meine Kreise.

Eine Zigarette.
Vielleicht einen Kaffee.
Nur einen Blick.
Nicht mal eine Sekunde.
Wenn du blinzelst.
Bin ich weg.

Hast du eine Tasche?
Oder reist du länger?
Vielleicht einen Koffer?
Hörst du Musik?
Oder ein Hörbuch?
Liest du selber einen Roman?

Ich war mal wie du.
Aber das hast du nicht gehört.
Umgedreht und weg.
Meine Kleidung heute sauber.
Die Ärmel lang.
Damit das keiner sieht.

Ich bin hier öfter.
Habe Aufträge.
Nicht so wie die anderen.
Die anderen sitzen hier vorne.
Auf der Bank.
Sind laut.
Ich bin aber leise.

Ich falle nicht auf.
Aber du hast dich schon weggedreht.
Eine Pirouette im Mondlicht.
Auch ich war hier mal normal.
In Zügen gesessen und Menschen besucht.
Aber jetzt hab ich hier Arbeit.
Ich bin ein Diplomat und besorge dir was du brauchst.

Ich pflücke Menschen so wie Rosen.
Vermittle zwischen Suchenden und Gläubigen.
Hab keine Angst.
Ich nehme dir nichts weg.
Und wenn, dann merkst du es erst später.
Meine Augen sind so braun,
du siehst dort keine Pupille.
  

Die beste Wahl



Seit zwei Stunden saß er im Einzelzimmer.
"Er lässt sich nicht von mir untersuchen.", meine Stationsärztin ist verärgert.
"Aber du hast ihn trotzdem aufgenommen und ins Einzelzimmer gepackt?", ich bin verwundert.
"Riechst du das?", fragt sie mich.
Ja, ja ich rieche das. Kein guter Geruch. Ein süßer - fauliger Geruch.
"Die Tür ist zu?", frage ich.
"Ja und du riechst die Scheiße trotzdem. Natürlich hab ich den Kerl aufgenommen. Der hat irgendwas in seiner Hose, was da nicht hingehört.", meine Stationsärztin lehnt sich auf dem Bürostuhl zurück.
"Wieso soll ich mit ihm reden?", ich bin kein Arzt, ich bin ein ganz normaler urologischer Pfleger.
"Du bist der einzige Mann hier. Vielleicht lässt er sich von dir untersuchen."
"Ach komm schon Sarah, ich bin kein Arzt. Ich muss Frau Müller noch waschen."
"Bitte bitte?"

Besser

Ich wache auf.
Keine Panik.
Keine Angst.
Keine Schmerzen.
06:30.

Ich gehe aus meinem Zimmer.
Grüße meinen Nachbarn.
Das Treppenhaus hinunter.
Vorbei an der Anmeldung und den Briefkästen.
Grüße die Nachtschwester.
Raus in den Park.

Regen auf meiner Kapuze.
Vor der Cafeteria sitzen ein paar Leute.
Ich laufe an ihnen vorbei und
stelle mich an.
Jeden Morgen Müsli mit Kokosraspeln.

Dann Morgenrunde mit meiner Gruppe.

Endgift

Ich liege im Bett. 
Andauernd liege ich in irgendwelchen Betten.
Ich schwitze und mir ist trotzdem kalt.
Kann keine Sekunde ruhig liegen.
Meine Beine krampfen so sehr,
ich muss sie unentwegt in Bewegung halten.
Tausend Messer in den Muskeln.
Ich weine.

Heute ist der zweite Tag.
Also kommt jetzt der Durchfall.
Ich spüre es seit drei Stunden.
Seit mindestens drei Wochen war ich nicht mehr auf Klo.
Und jetzt kommt die Rache.
Die Krämpfe in meinem Unterbauch sind so schlimm,
dass ich würgen muss.

Ich wanke zum Badezimmer.
Krankenhaus. Gott sei Dank.
Ich bin in einem Krankenhaus.
Aber zuhause wäre mir das nicht passiert.
Zuhause hätte ich konsumiert.
Setze mich auf die Toilette.

Die Hitze steigt in mir auf, 
ich reiße mein Shirt von meinem Körper.
Ein stechender Schmerz schießt durch meinen Bauch.
Im selben Moment kotze ich mir im Schwall
auf Penis, Beine und Füße.
Gut gemacht.
Beim nächsten Darmkrampf gehen endlich die Lichter aus.
Ich falle nach vorne in die Pfütze meiner Kotze.

Als das Licht wieder angeht,
liege ich wieder im Bett.
Eine Krankenschwester wäscht mich.
"Tut mir leid" will ich sagen
und kotze unter Schmerzen auf ihre Arme.
"Och ne." sagt sie.
"tutmirleid."

Wenn ich wenigstens schlafen könnte.
Aber das geht nicht. Ich muss meine Beine bewegen.
Heute ist die dritte Nacht in der ich wach bleibe.
Was meine ehemaligen Freunde wohl gerade machen?
Ich starre auf die gelben Flecken meiner Arme.
Einige sind erst blau, später werden die dann gelb.

Mein Methadon wird jeden Tag reduziert.
Ein normaler Mensch würde bei 14 Millilitern sterben.
Ich komme selbst bei solchen Mengen in den Entzug.
Wie schlimm wird es denn bei Null?
Der erste Nulltag.
Ängstlich wird dieses Wort unter Patienten geflüstert.

In der dritten Nacht schrecke ich auf.
Habe ich geschlafen?
Stehe vor einem Feuerlöscher und streichle ihn sanft.
Ich verliere langsam die Nerven.
Mein Verstand spielt mir Streiche.

In der Morgenrunde sehe ich die Verlorenen.
Die am meisten zu erzählen haben, sind die Ewigsüchtigen.
Große Geschichten wie sie es jetzt schaffen werden.
Ich habe zwar keine Zähne mehr im Oberkiefer,
aber ich bin anders als diese Menschen.
Ich werde es schaffen. Ich bin ein Stein.
Sie reden über ihre Kinder und Familien.

Ich bin still. Ich habe nichts zu sagen.
Ich will nicht mehr reden. Es sind immer die gleichen Geschichten.
Ich bin jetzt zum fünften Mal hier.
Jedes Mal abgebrochen oder zur Substitution geschickt worden.
Dieses Mal nicht. Entweder ich sterbe oder ich schaffe es.
Beides ist mittlerweile absolut möglich.

Den ganzen Tag gibt es nur Leiden.
Nichts zu tun. Noch nicht mal ruhen ist mir möglich.
Ich bin so schrecklich müde, 
einmal in der Stunde muss ich Wasser scheißen.
Und selbst wenn ich auf Toilette sitze, 
und Wasser scheiße,
muss ich die Beine bewegen.
Andauernd niesen und gähnen. Andauernd dieses dumme Gelaber.
Ich solle mir die Schmerzen gut merken, damit ich ja nicht wieder anfange.
Die Schmerzen sind mir egal, ich will nur nicht sterben.

Jeden Morgen um 07:30 gibt es Methadon.
Wartend vor dem Pflegezimmer, kurz davor zu sterben.
Dabei bin ich schon gestorben.
Soviel ist an mir gestorben. Soviel liegen geblieben.
Soviel verkauft und verraten.
Ich weiß nicht aus was ich noch bestehe.
Aus vergammelten Prinzipien und Sucht.
Gibt es noch etwas anderes an mir als Sucht?

Was willst du also tun?
Es ist wieder Nacht. 
Krämpfe, Durchfall, Kälte und Hitze.
Immer weiter.
Immer wieder Patienten mit Rückfall.
Sie verstecken es nicht mal.
Sitzen mit mahlendem Kiefer im Tagesraum,
oder müden Augen vor dem Fernseher.

Ich starre auf meine gefleckten Arme.
Links und rechts, jede Vene benutzt.
Eines Tages war klar, dass ich jetzt andere finden muss.
In den Fuß stechen? In die Hand?
In den Hals?
Seit langer Zeit wieder ein Gefühl von Angst.

Der Stoff ruft mich.
Ich kann ihn riechen.
Ewige Gier.
Auch wenn mir Heilung versprochen wird.
Besserung sogar.
Ist dieses Jahr etwas in mir gestorben.
Und egal was ich tun werde,
es bleibt tot.

Huren


Du brauchst eine Location. Eine anonyme Wohnung. Nichts darf auf dem Papier stehen.
Keine offiziellen Verträge, alles per Handschlag und vor allem alles in bar.
Du brauchst ein Badezimmer, das für die Kunden einigermaßen einladend ist. Jeder muss vorher duschen.
Eine Küche für die Mädchen, Mikrowelle, Herd und einen kleinen Tisch. 
Dann der Arbeitsraum, das Schlafzimmer. Wenn du für die Location drei Mädchen hast, ist das schon ganz gut. Sagen wir, eine macht hauptsächlich Bondage, die andere macht Girlfriend Experience, die letzte macht dann Kram mit Pärchen die ein Abenteuer suchen.

Während die Mädchen in der Küche Fentanylpflaster rauchen, kannst du gerne Artikel über den "empowering Feminism von Sexworkerinnen" schreiben. Kannst den Leuten erzählen, dass jeder eine Wahl hat. Aber ich hab das gesehen. Da ist vielleicht am Anfang eine Art Wahl. Und dann gibt es kein Entkommen.

Die Illegalität sorgt dafür, dass die Mädchen keine Polizei rufen können. Schlecht. Dafür gibt es aber Reizgas, Messer, Schlagstöcke und Gaspistolen. Manche Kunden kommen nur um mit den Mädchen zu saufen. Das Gesetz des Alkohols macht sie dabei noch schutzloser. Also komme ich ins Spiel. Meine Aufgabe war rumsitzen und warten. Heroin spritzen oder rauchen und dabei aufpassen, dass sich die Typen benehmen. 

Jasmine


für jennifer 
deine vergebung. 
dein glauben an mich. 
und deinen optimismus. 
für mich lebst du
für immer. 

für cosita. 
du bist meine seele. 


Jetzt bin ich länger von dir getrennt, 
als wir zusammen waren. 
Zwölf mal Weihnachten, zwölf mal Vorsätze für das neue Jahr.
Und ich schon zwei mal in Langzeittherapien.
Fünf mal Psychiatrie, fünf mal Entgiftung.
Eine Überdosis. Einmal gestorben. 
Das lange Gedicht über das kurze Leben 
eines wandelnden Toten. 

Im Sommer war das Fenster meines Zimmers offen.
Du hast auf dem Fensterbrett gesessen und Harry Potter gelesen.
Im Sonnenschein. Während mir im Schatten verborgen meine Kindheit hochkochte,
meine Arbeit auf der Intensivstation dazukam, wie sich alles
in einer hemmungslosen Sucht vermischte.
Das lange Gedicht über ein zerstörtes Leben.

Während ich in die Hände von Krankenschwestern weinte,
hast du ein Kind bekommen.
Während ich mit Naloxon wiederbelebt wurde, 
hast du studiert.
Das Beste in den letzten zehn Jahren?
Die Katze die ich aus der Messie - Wohnung rettete.
Eine Katze die so schwer gequält wurde, 
dass sie nicht miauen kann. 
Eine Katze die mich dann rettete. 
Ein Leben für ein Leben. 

Der Tod eines Tages, der stille Anbruch der Nacht. 
Mit einer Taschenlampe eine Vene finden. 
Am Bahnhof lief ein junges Mädchen barfuß über die Steine.
Ein langer Mantel den sie zuhielt. Da drunter war sie nackt.
Ihr liefen Tränen über das Gesicht. 
Alle paar Meter sprach sie Leute weinend nach Geld an.
Und ich war schon so weit, dass ich mir nicht sicher war
ob sie da vielleicht gerade einen Trick abzog.
Aber sie war unter ihrem Mantel nackt. Und die Tränen wirkten so schrecklich ehrlich.
Das Anbrechen der Nacht und der leise Schlaf einer Prinzessin zwischen Mülltonnen.

Als ich gestorben bin, war das wie Einschlafen. Wie mit dir Händchen halten.
Ich fand das alles in einer zwei Milliliter Spritze. Praktisch verpackt.
Mich selber zerstören, weil dann mach ich es ja selber. 
Und niemand anders.
Nur ich bestimme das. Da redet mir niemand rein.
Ich mach das alles alleine. 
Sind das Geschichten die dich interessieren?
Ich will dir nur schnell erklären, wie es dazu kommen konnte.
Mein Leben als immerwährender Autounfall.
Ich gab alles auf. 
Nach 30 Jahren war ich es leid zu fühlen.
30 Jahre voller Wut, Enttäuschung und Trauer.
Wenigstens fünf Jahre war ich frei.

Der Tod eines Menschen, die Ankunft der Sanitäter. Wegrennen bis ich kotzen musste.
Herz und Schulter gebrochen. Aber Vene gefunden. Selbst mit Blaulicht.
Sogar unter Rotlicht. Diese Frauen waren nicht wie du. Die waren gezeichnet.
Sich selbst erschaffen. Scharfe Wangenknochen. Traurige Augen, aber super Stoff.
Fentanylpflaster mit fünfzig Euro Scheinen rauchen. 
Dumpfes Poltern im Nebenraum.
In einem Dorf vor Hamburg wollten sie mir kalt den Affen und Teufel austreiben.
Ich weine für immer. Für immer werde ich dort bettelnd liegen. Infusionen im Arm.
Mir in die Hose scheißen, während ich mir auf die Beine kotze. 
Die Ohnmacht herbei sehnen, wenigstens für fünf Minuten tot sein.
Weil ich nicht aufhören konnte mich zu übergeben,
Kochsalzlösung in meinen Armen. 
Beim Entlassen die Warnung.
Zuviel könnte jetzt den Tod bedeuten. 
Ein verführerisches Angebot, 
der Tod als hübsche Frau.

Ich werde für immer dort sein. Im Raucherbereich.
Im Raucherbereich vor der Akut - Psychiatrie.
Unter dem Dach, vor dem Eingang. Links daneben.
Am Aschenbecher, ein Aschenbecher der qualmt.
Umgeben von laufenden Toten. Dummes Gerede.
Langsamer dicker Regen, alles wird zu Brei.
Alles wird zu Matsch in der Psychiatrie.
Ich werde für immer dort sein. Für immer im Zweibettzimmer.
Mit den weißen Wänden. Kleines Badezimmer. Keine Spiegel.
Keine Haken. Keine scharfen Kanten.
Regeln befolgen. Aktivitäten abhaken lassen. Zitternd auf 07:30 warten.
Für zehn Milliliter Methadon fröstelnd auf dem Stuhl sterben.

Für immer werde ich neben ihr sitzen. Neben der schwangeren Frau.
Auf dem Sofa das nach nassen Handtüchern stinkt.
Ihr runder Bauch, und dann helfe ich ihr die Nadel zu suchen.
"Das Baby zieht locker zehn Milliliter Methadon, ich brauch mindestens zwanzig damit ich dicht bin."
Und während ich mich besser als sie fühlen wollte, da fiel es mir ein.
Ich stehe nicht über, ich sitze neben ihr, der gleiche Beutel Schore.
Dieselbe Spritze. 
Dieselbe Nadel. 
Blutsbruder 
und 
Blutsschwester für immer.

Da sitze ich nachts. Wieder in der Psychiatrie.
Weinend. Weil die Beine nicht aufhören zu krampfen.
Weil alles so ungerecht ist. 
Weinend. Weil alles scheiße und alles andere so toll ist.
Ich kann den Erinnerungen nicht entkommen.
Der Nebel lichtet sich
und ich erinnere mich an alles.
Das nackte Mädchen am Bahnhof,
die Crackjunkies auf dem Boden
wild suchend. Im Dreck wühlen, 
weil sie sich einbilden einen Stein gesehen zu haben.
Manche Menschen suchen ein Leben nach der Erkenntnis wer sie sind.
Ich weiß ganz genau wer ich bin.
Und es macht mich wahnsinnig.
Ich liege auf dem Boden.
Weinend. Heulend. Schluchzend.
Der abstinente Junkie auf dem Cover eines Groschenromans.
Angewidert von den Klischees und der Wahrheit dahinter.
Ich kann alles fühlen, riechen, schmecken und erleben.
Aber ich will dieses Leben doch gar nicht.
Während du den Bauernhof deiner Familie sanierst, 
bin ich fasziniert von der 
Steckdose.
Die ist so fest in der Wand. Wenn ich den Stecker ziehe, 
kommt die Fassung nicht mit raus.
Dinge können auch funktionieren.
Ich liege auf dem Boden und starre auf die Steckdose.
Dinge müssen nicht kaputt sein. Wieso ist das so?

Der frische Neubeginn eines Straftäters, 
die Einträge mit Zitronensäure geschrieben.
Meine Güte. 
Wie gut du gerochen hast.
Wie du lachen konntest.
Der Junkie vor Gericht und die Mutter die die Welt bereist.
Den Karren an die Wand gefahren 
und den Schrotthaufen noch als ich drin saß verkauft.
Ein Märchen am Bett erzählt und tausend Jahre geschlafen.
Für immer schlafen.
Behütet in weichen Federn schlafen.
Mit Träumen aus Farben, ohne Knochen die brechen.
Die knacken und zerspringen.
In der Morgenrunde muss ich fragen, was denn passiert
wenn ich von Straftaten berichte.
In der Morgenrunde bin ich müde und wütend.
Weil ich am meisten leide und alles besser weiß.
Alles besser wissen ist anstrengend.
Ich sage "Never trust a junkie." und
der Therapeut fragt ob ich mir selber nicht trauen würde.
"Mir am wenigsten."
"Das ist aber traurig."
Ich sage "Das ist vielleicht traurig, aber das ist wahr."

Ich laufe durch Straßen, laufe mit dem langsamen Sterben als Person. Und ich habe Angst. Durch Betrug, Drogenhandel und andere Straftaten bin ich an 50.000 Euro gekommen. 
Die liegen schwer in meiner Tasche und werden nicht mal drei Monate halten. 
Ich bin Amokläufer und habe nur mich als Ziel. 
Tausend Jahre war ich wütend, jetzt ist alles still. 
Meine Wohnung, bevor die Nutten und das Geschäft kam, ist leer. Dunkel und leer. 
Alle Steckdosen wackelig und ich habe Angst. 
Nachts habe ich Besuch, rede mit Menschen die ich mal kannte und liebte. Geister aus meinen Erinnerungen. Früher kurze Hose und Fahrrad, heute Pullover damit man meine Arme nicht sieht und immer einen Löffel dabei. 
"Sie müssen etwas ändern Herr Strenner. So geht es nicht weiter."
Komisches Büro. Im 12. Stock. Und dennoch sind die Möbel locker 30 Jahre alt.
"Wenn sie so weiter machen, werden sie sterben, wollen sie sterben?".
Komische Frau auch da vor mir.
"Ist mir scheißegal." sage ich. 
Ich habe ununterbrochen Angst zu sterben, aber wenn ich darauf angesprochen werde,
dann wünsche ich mir fast aus Trotz vor der sprechenden Person tot umzufallen.
"Sie werden alles verlieren, der nächste Schritt ist der Offenbarungseid. Mietschulden sind gefährlich."
"Ist mir scheißegal."
Ich glaube nicht mehr an imaginäres Geld. Ich glaube nur noch an Cash in der Hand.
Es gibt keine Konten mehr für mich. Es gibt nur noch den Tag vor mir. 
Und Wege den Schmerzen des Entzugs zu entfliehen.
"So läuft das nicht Herr Strenner, sie können nicht in eine Beratungsstelle kommen und sagen dass ihnen alles scheißegal ist."
Sie hat scheißegal gesagt, das find ich ein bisschen lustig.
"Ja aber wenn es doch so ist?", frage ich. "Wenn es wirklich stimmt. Ich weiß dass es nicht so sein soll, ich sollte leben wollen. Nicht mehr kriminell sein. Anfangen zu kämpfen. Aber immer wenn ich nach Gründen suche, finde ich nichts. Da ist einfach gar nichts. Das tut mir ja auch leid. Sie sind bestimmt eine nette Frau und auch engagiert. Aber ich habe ihnen nichts zu sagen. Ich habe keine Gefühle, keine Meinung. Es tut mir leid."
Sie schaut mich an "Was ist mit ihrer Katze? Ist die kein Grund?"

So eine hübsche Frau, ja wirklich. 
Glatte Haut, volle Lippen, lange Beine, dunkle schwarze Haare.
Und sie zeigt mir wie man ein Fentanylpflaster raucht. Gar nicht so einfach.
Das Heroin hat mir jegliche Libido zerstört. Ich will nichts von dieser Frau.
Und dafür liebt sie mich.
Nina ist eine Nutte.
Nutten sind traurige Gestalten. 
Sie kann nicht alleine sein und schläft in meinem Wohnzimmer.
Ich sage ihr dass sie mehr ist als ihre 
Titten und ihr Arsch. 
Sie nickt, aber sie glaubt mir nicht.
Es ist 23:40 und sie weint auf meinem Sofa. 
Ich nehme sie in den Arm.
"Du kannst dich auf Subutex einstellen lassen. Man Nina du kannst so nicht leben. Ich helf' dir auch, du musst das nicht alleine machen.", sage ich zu ihr.
Nachdem sie ein Kunde für 36 Stunden gebucht hat, halte ich ihr einen Eimer ans Bett und sie erbricht unzählige Male. Ich bringe ihr Wasser und streichle ihren Kopf. 
"Nina, das ist nicht gut für dich. Nina oh Nina."
"Ist mir scheißegal.", sagt sie.
Sie holt noch zwei andere Frauen ins Boot und innerhalb von zwei Wochen bin ich Zuhälter.
Wenn man aus einer Wohnung illegal heraus arbeitet, gibt es keinen Stress mit Gangs oder Rockerbanden. Das Einzige was ich bewache ist der Wille der Frauen.
Nach und nach.
Jeden Tag ein bisschen mehr.
Werde ich härter und härter.
Besorge Stoff und Katzenfutter.
Schlage Köpfe auf Nachtschränke.
Und bringe den Mädels bei wie man sich Spritzen setzt.
Jeden Tag stelle ich mir die Frage.
"Könnte ich falsch liegen?"
Ist das hier vielleicht kein Spiel? 
Ich erahne langsam meinen Einsatz.
Den Wettbetrag um den es geht. 
Hier liegt mittlerweile nicht nur mein Leben auf dem Tisch.
Hier liegen vier Leben. 
Und es endet nicht damit dass ich eine von ihnen heirate und Urlaub mache.
Hin und wieder spüre ich die Angst. Vor jedem Knaller im Arm.
Bin jetzt für immer so?
Kann eine Seele für immer verderben?
Der Junkie in Rom.
Die Heroinspritze auf dem Petersplatz.
 
An Straßenecken, 
in Parks, 
am Bahnhof 
hab ich mein Herz verloren. 
Wenn du es auf dem Boden liegend siehst, 
nimm es einfach mit. 
Häng es dir an die Wand. 
Und sieh dir mein scheiß Leben an. 

Ein Jahr lang. Ein ganzes Jahr lang bin ich jeden Morgen um acht Uhr beim Arzt.
Stehe mit stinkenden und Kiefer mahlenden Menschen in einer Schlange.
Hier ein Becher. Bitter. Zwei Stunden später hört das Schwitzen auf.
Oder auch im Mund behalten, in Flasche spucken und für Schore weiter verkaufen.
Rivotril, Pregabalin / Lyrica, Fentanyl, Hydromorphin / Palladon,
Diazepam, Bromazepam, Oxazepam, Alprazolam / Xanax, 
Lorazepam / Tavor, Methadon / Pola, Kokain / Crack / Steine,
Das hat mich so hart gemacht. Glaubst du mir Jasmine?
Ich bin so hart, dass ich einen Stein im Kopf habe, 
ein Stein der niemals von meinem Herzen fiel, sondern sich in meinen Kopf setzte.
So hart, dass ich Frauen verkaufe, so hart dass ich Schwangeren ihr Gift verkaufe.
Für immer, bis in alle Ewigkeit - hart.
Wie geht das weg?

Ich weiß nicht ein und nicht aus. 
Wie kann ich wieder normal sein? 
Nicht mehr so hart sein?
Wie kann ich das wegmachen?
Drehe mich im Kreis und überlege wie ich Menschen wieder gut finden könnte.
Mit ihnen ins Kino gehen? Ihnen nicht erzählen was am Bahnhof passiert?
Für mich behalten was mich bewegt und im Kreis dreht? Lächeln und es so meinen?
Sag mir, wie geht das weg? 
Ich musste hart sein. Wie werde ich normal?
Wenn mir Menschen die Hand geben, starre ich beeindruckt auf ihre gesunden Venen.
Wie geht das weg?

Wie kann ich diese Steckdose endlich akzeptieren? 
Sie ist so fest in der Wand.
Letztes Jahr, da wo ich war, kam sie mit dem Ladekabel raus. 
Und jetzt funktioniert alles. Nur nicht ich.
Wieso bringt mich diese scheiß Steckdose zum Heulen? Im Badezimmer.
Da ist eine Heizung unter dem Boden. Mir ist immer angenehm warm.
In der Morgenrunde soll ich sagen wie es mir geht und kann nicht.
Weil mir die Worte dafür fehlen, was ich gesehen, getan, gespritzt, geraucht
und gezogen habe. Was ich zugelassen, veranlasst und gestohlen habe.
Die drei Frauen in meiner Wohnung, die harte Arbeit und die normalen Männer.
Ich hasse sie alle für immer. Für immer werde ich dort sein und sie hassen.
Da hilft auch keine Morgenrunde, keine Einzeltherapie.
Das sind keine Zeitmaschinen. Da ist nichts rückgängig zu machen.
Meine Geschichte steht dort geschrieben.
Jedes Mal wenn ich etwas sagen will,
dann muss ich weinen.
Muss weinen weil alles so schwer und traurig ist.
Und in dieser Gruppe soll ich Dinge erzählen,
die mich zum Monster machen.
Weil ich Dinge tat, Dinge zuließ 
die normale Menschen verurteilen.
Ich habe keine Angst mehr vor der Hölle.
Ich habe zweimal kalt entzogen.
Die warmen Entzüge kann ich nicht zählen.
Ich bin einmal gestorben.
Ich bin schon lange dort.
In der Hölle.
Jeden Tag sehe ich Dämonen.
Tote Lebende, verdammte Seelen.
Und ich kämpfe darum der Schlimmste zu sein.

Als ich gestorben bin, hab ich geweint. Weil ich mich so alleine fühlte.
Ich ließ niemanden anrufen, mein Notfallkontakt war mein Dealer.
Das Traurige war mein Geheimnis. Eine Sünde es jemandem zu beichten.
Nie in meinem ganzen Leben fühlte ich mich besser. Bevor ich wegdriftete.
Wie im Film. Wie im Buch. Ruhe. Einschlafen und im traumlosen Nichts verschwinden.
Das Aufwachen tat weh.
Aber diese scheiß Steckdose. Dieses scheiß Fußbodenheizung. 
Wieso funktioniert alles, außer meinem Herzen? 
Sie reden davon dass man seinem ersten Rausch hinterher rennt.
Und es ist gelogen. Die wissen gar nicht wieso Junkies konsumieren.
Junkies rennen weg.
In panischer Angst vor dem Entzug 
ziehen, drücken und rauchen sie.

Die Ballade von Heroin, das Liebeslied über Schore. Jetzt bist du nicht mehr meine Ex-Freundin.
Jetzt hab ich auch noch Heroin verloren. Die Nacht mit den Träumen die sie bringt.
Für immer wieder träumen. Jeder Traum ist ein Alptraum. Jeder Gedanke tut weh.
Freunde die ich verlor, Mittäter die ich gewann. Dreißig Euro für den Nachmittag.
Hast du schon einmal gebettelt? Ich meine nicht um etwas gebeten zu haben?
Richtig gebettelt? Mit Tränen in den Augen. Schluchzend und verzweifelt.
Das Pflegepersonal anflehen, damit sie dir etwas geben.
Damit das alles endlich aufhört.
So will ich es doch nicht haben.
Wieso geht das nicht einfacher?
Ich habe so oft abgebrochen, so oft aufgegeben.
Und jetzt hab ich es geschafft.
Aber wie soll ich darauf stolz sein,
wenn jeder normale Mensch es schafft nicht süchtig zu werden.

Alles in deinem Leben was nicht gut war, alles was nicht funktioniert hat, das war ich.
Mit Absicht keine Mutter werden, Beziehung und Schwangerschaft beenden.
Und so fing ich damit an mit Dingen aufzuhören.
Unsere Beziehung ein Countdown für mich. Als es piepte rannte ich los.
Die Biographien der Straßen, in stinkenden Mülleimern wühlen die mal Menschen waren.
Ich habe dich so sehr vermisst, überall gesucht und nicht gefunden. 
Was ich fand, waren Sätze für dieses Gedicht. Es reimt sich nicht.
Gefühle werden hart und irgendwann kalt.
Irgendwann ist da nur noch ein Stein
wo einmal Liebe war. 

Immer wieder ich und nie wieder du.
Eine ganze Autobiographie geschrieben von einem halben Menschen.
Statt Blut hab ich jetzt schwarzes Gift in den Venen.
An guten Tagen auch in den Lungen.
Aber sonst gibt es nichts zu tun.
Denn so machen das kranke Menschen.
Sie fixieren sich auf Dinge, die für andere nicht wichtig sind.
All die Freundschaften, die Running Gags, ganze Universen schon vergessen.
Während ich mir eure Namen in den Arm spritze,
werden Familien gegründet.
Sieh mich wie ich bei der Caritas in der 
Privataudienz 
um 
Privatinsolvenz bitte.
Vergiss nicht wie ich soviel kotzen musste,
dass meine Lippen sich häuteten. Rohes Fleisch dank der Magensäure.
Umgeben von den schönsten Frauen der Stadt.
Dabei sind es alles nur Nutten und ich die Größte von ihnen.
Darf ich vorstellen, der Rest meines Leben.
Ich baute mir etwas auf und zerstörte es dann mit aller Sorgfalt.

So geschah es. Zehn Jahre lang nichts geschrieben. Keine Gedichte.
Keine Kurzgeschichten. Dann der Entzug. Fünf Anläufe. Drei Jahre verschwendet.
Brüllend auf Krankenhaustoiletten gelegen. Auf den Fliesen. Auf diesen kalten Fliesen.
Krampfende Beine, Krämpfe im Bauch. Vier Tage wach und immer wieder Krämpfe.
Ich solle mir das gut merken, damit ich ja nicht wieder anfinge. Aber ich lerne keine Lektionen.
Nein, nein. Ich starre diese Steckdose an.
Wie kann es sein, dass eine Steckdose so gut installiert wird. Soviel Sorgfalt.
Kann ich auch ein Leben mit festen Steckdosen führen?
In der vierten cleanen Woche, nach drei Jahren Heroin, dachte ich es bleibt für immer.
Die Angst, der Ekel vor meinem Körper, die Gänsehaut. Der Schweiß.
Irgendwann wurde es besser. Irgendwann hört alles auf. 
Also schrieb ich diesen Text. Wer weiß wie viel Zeit mir bleibt.
Für immer, für alle Ewigkeit die Angst vor einem neuen Countdown.

Die Spritze in der Hand, die zur Waffe am Kopf wurde, traf nie ihr Ziel.
Es war nie genug. Es war höchstens knapp daneben. Kurz davor gescheitert.
Diese schrecklichen Krankenhäuser, mit diesen schrecklichen Betten,
in denen ich für immer liegen werde. Ich werde dort niemals rauskommen.
Für immer Patient. Für immer fast geheilt. Oh und schon wieder nicht geschafft.
Entlassungsbrief ungelesen in den Mülleimer.

Aber meine Katze heißt Cosita. Und als ich keine Gründe mehr hatte.
Keine Gründe mehr zum Leben fand, da fand ich Cosita.
Wenn ich nachts hochschreckte, nicht mehr schlafen konnte,
kletterte sie rüber zu mir und schlief auf meinem Brustkorb ein.
Eine Katze rettete mir das Leben.
Die Suchtberaterin pflanzte einen Gedanken in mir.
Ich werde nicht für mich abstinent leben,
ich mache es für meine Katze.
Selber im Dreck und Müll gelebt. 
Bevor ich sie fand in einer Messiewohnung fast verhungert.
Als ich sie nach Hause nahm, schlief sie fünf Tage auf meinem Schoß. 
Und Cosita bewacht mich noch immer nachts.
Hält die Alpträume auf Abstand, sie kann sehen
was ich nicht mehr sehen will. 
Sie sieht die andere Seite. Gedanken die mich quälen.
Die dann zu Geistern in der Nacht werden.
Und Cosita bewacht die Grenze.
Sie können mich nicht mehr berühren.
Nichts. Nichts in meinem Leben. Keine Frau.
Kein Verwandter. Nicht ein einziger Moment
kommt an die Liebe ran, die ich für Cosita empfinde.
So schliefen Cosita und ich ein Jahr aufeinander ein. 
Ihr leises Schnurren an meinem Hals. 
Dankeschön.

Das muss niemand verstehen. 
Das braucht niemand verstehen.
Das bist ja nicht nur du. Eine ganze Generation hat sich entwickelt. 
Therapeuten wollen erörtern wieso ich so wütend bin,
während meine ehemaligen Schulkameraden Therapeuten werden.
Wie geht das weg? Mit blutenden Armen die Nadel im Heuhaufen vergessen.
Dein Studium ist abgeschlossen und ich träume davon eine Vene zu finden.
Für immer den Arm abbinden. Für immer die Nadel im Heuhaufen.

Ehemalige Freunde, aktuelle Bekannte, alle fragen mich 'Wieso hast du das gemacht?'.
'Warum bist du bloß so schrecklich süchtig?'
'Wieso kannst du nicht aufhören?'
'Wieso?'
Die Antwort ist so einfach wie schwierig. Ich wollte nicht mehr leben und hatte Angst vor dem Tod.
Der Schmerz, das Trauma, ist mit Worten nicht zu erklären. 
Was soll ich dir von einem Vater, der mich an die Wand drückte, erzählen?
Soll ich dir davon erzählen, wie ich gequält wurde?
Fotoalben zeigen von meiner zusammengeschlagenen Mutter?
Dir die alte ewig gleiche Geschichte vom prügelnden Vater aufsagen?
Wie es ist, wenn sich die Eltern betrunken anschreien?
Oder noch besser?
Möchtest du wissen, wie schlimm Teenager aussehen wenn Lastwagen über sie fahren? 
Für immer überforderter Intensivpfleger sein.
Soll ich beschreiben, wie das niemals aufhören wird?
Wie Blut stinkt, so dass du kotzen musst?
Ich kann dir erzählen, wie Menschen schauen wenn sie plötzlich erkennen dass sie sterben werden.
Wie sie betteln, weinen, schluchzen und nach ihrer Mama fragen. 
Wie junge und alte Ehepaare vor dir stehen und du den Kopf schütteln musst. 
Weil die Reanimation nicht erfolgreich war. 
Kleine Kinder die an ihrem Blut ersticken, 
während du am Bett stehst und Gott bittest wenigstens heute zu helfen.
Weil zu wenig Ärzte da und die meisten im OP sind, 
mein Finger steckt in der Aorta einer 19 jährigen, 
weil die gerissen ist und ich wenigstens fünf Minuten noch durchhalten muss. 
Ich kann dir erklären, dass ich nach zehn Jahren immer noch davon träume dort zu arbeiten. 
Und dass ich manchmal keine Luft bekomme, 
weil ich nicht vergessen kann, wie diese Menschen gestorben sind.
Für immer in der Stadt in eine Ecke stellen und versuchen nicht zu schreien.
Bis in alle Ewigkeit auf Toiletten heulen. 
Ich kann dir gerne beschreiben, wie sich tote Menschen anfühlen.
Wie die Haut dann aussieht. 
Als wäre es nicht echt.
Als wäre ich in einem Film.
Als wäre ich nicht echt. 
Für immer Intensivpfleger. Für immer schuldig.
Willst du wirklich wissen, 
wie ich in der Nachtschicht den Kühlschrank, 
im Pflegezimmer der Intensivstation, 
öffnete 
und eine Nierenschale fand? 
Soll ich dir erklären, 
wie ein toter Fötus, 
ein totes Baby 
in einer Nierenschale aus Pappe aussieht? 
In Worten unter Schluchzen erklären wie schlimm das ist? 
Muss ich vor dir weinen?
Was muss ich dir erklären, 
damit du nicht mehr 'Wieso?' fragst?
Was kann ich tun, 
um dir diese Last nehmen?

Und in der Nacht klopft der Teufel an die Schlafzimmertür.
Klopft für immer, klopft jede Nacht.
Während die Nutten im Zimmer nebenan ficken.
Die Seele schon verkauft.
Steht er da an meiner Tür.
Kein Monster, keine Hörner, keine Ziege.
Der Teufel ist die traurige Geschichte von einem Kind das nie geboren wurde.
Einmal im Leben schlimm genug.
Aber zweimal im Leben? Wie oft willst du dieselbe Geschichte vorlesen?
Der Teufel bringt mir Spritzen, damit ich übers Wochenende komme.
Bringt mir Schore damit ich nicht erfriere und mich totscheiße.
Er ist ein kleines blondes Kind.
Ein kleines blondes Kind, das mich ewig lieben wird.
Und selbst hier, in der Langzeittherapie, klopft es nachts an meine Tür.
Wenn ich ehrlich bin, klopft es hier ununterbrochen an meine Zimmertür.
Die ewige Geschichte vom Teufel, dem kleinen Kind.
Die unendliche Geschichte von der Sucht
die mich bei lebendigem Leibe zerfrisst.
Egal wo ich bin, wo ich sitze, mit wem ich spreche.
Das ewige Kind ist in der Nähe, wartet ab und spielt auf Zeit.
Alle Würfel sind vor meiner Geburt gefallen.
Ich kann nur versuchen dagegen anzukämpfen.
Aber die Sucht bleibt für immer in mir.
Nenn es den Affen im Nacken, den Drachen jagen.
Ist mir egal.

Wenn ich nicht von dir und deinem WG - Zimmer träume, 
dann träume ich davon zu konsumieren. Suche gehetzt die Stadt nach Drogen ab.
Wache auf, bin gelähmt und Besuch von Schattenmenschen. Fühle mich gehetzt,
verletzt und getrieben. Ich bekomme Angst davor vor der Angst Angst zu haben.
Kann nicht mal duschen, weil die Tropfen auf der Haut weh tun.
Ich bekomme den Schmutz sowieso nicht weggewaschen, für immer Gift im Körper.
In Zugtoiletten, in Bahnhofstoiletten, in Toiletten neben Wartezimmern,
selbst bei anderen Menschen zuhause, überall setzte ich mir Knaller.
Dann in diese Spiegel schauen und verstehen.
Ich bin so kaputt, so zerstört, dass selbst wenn ich wieder gesund werde,
etwas in diesen Toiletten von meinem Herzen liegen bleibt.
Das meisten davon liegt eh bei dir, Jasmine.
Ich brauche das gar nicht mehr.
Ich will auch gar nicht reisen, die Welt sehen.
Die Welt ist voller Menschen
und die sind alle gleich.

Der Regen auf den Bremer Straßen. Die Junkies unter der Brücke. Das schnelle Geld.
Schnelles Ficken. Schnelles Klauen. Schnelles Ziehen. Schnelles Abdrücken. Schnelles Abspritzen.
Die Vögel, Tauben, Krähen neben deinem Schlafsack. Neben meiner Bank.
Für immer unter Freunden. Für immer alleine. 
Für immer im Druckraum. Kostenlose Alufolie, Dankeschön. Kostenloses Ziehröhrchen.
Dankeschön für das Dach über den Kopf, und wenn es nur fünf Minuten sind.
Kurze Freundschaften, schnelle Bekanntschaften, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen.
Für fünfhundert Euro Stoff kaufen, 1.500 Gewinn draus machen
und alles wieder in Heroin und dann in die Venen pumpen.
Tausend Millionen Tage habe ich das gelebt,
und irgendwo irgendwie stehe ich immer noch vor dem
Druckraum.
Erschrocken wie weit es gekommen ist.
Eine Sozialarbeiterin die mich mit traurigen Augen anschaut.
Mir Hilfe anbietet und ich lachen muss.

Das alte Gedicht in einem alten Buch und die Linien Heroin auf dem Titel.
Das Comeback in der zwölften Runde mit dem Geist eines Kämpfers.
Und ich wieder in der Psychiatrie. Für immer Psychiatrie.
Der runde Tisch, Sozialarbeiterin, Pflegekraft, Stationsarzt, Chefarzt und ich.
Offensichtlich dass ich die nächste Runde nicht überleben werde.
Danke Herr Doktor.
Ob ich leben wolle?
Ich musste nachdenken.
Wie es sein könne, dass ich da überlegen müsste?
Das Personal besorgt.
"Ist mir scheißegal."
Scheißegal?
Ob ich nicht Gründe für die Abstinenz aufschreiben könne.
Und so nahm ich einen Zettel und einen Stift
und schrieb zitternd den Namen meiner Katze nieder.
Ein grauer Block in flachem Nordland. Alle so besorgt.
Sechs Wochen gestorben. Dann auferstanden.
Entgiftet. Nach drei Jahren geschafft.
Solange meine Katze lebt, solange lebe ich.
Solange Cosita lebt, bleibe ich abstinent.

Dann die Langzeittherapien. Unfassbare Suchtdruck.
Mir selber Ohrfeigen geben. Eiskaltes Wasser über mich kippen.
Stresshocke an der Wand. 
Psychodrama. Ich soll mit meinem Sucht - Ich reden.
"Das mach' ich nicht."
Der Therapeut versteht nicht.
"Mein Sucht - Ich hat zu gute Argumente."
Der Therapeut versteht nicht.
"Aber sie sind doch jetzt hier? Schon so weit gekommen."
Der Therapeut versteht nicht.
"Ja, aber mein Sucht - Ich ist gefährlich. Ich will nicht mit dem reden."
Der Therapeut versteht nicht.
"Aber ihr gesundes Ich hat doch bestimmt bessere Argumente."
Der Therapeut versteht nicht.
"Nein. Mein gesundes Ich hat eine Katze. Mehr kann ich nicht anbieten."
Wie sie mit mir reden. Wie mit einem kleinen Kind.
So vorsichtig als wäre ich aus Porzellan.
"Herr Strenner, machen sie sich das nicht kaputt."
"Herr Strenner, passen sie auf sich auf."
"Herr Strenner, sie sind schon so weit gekommen."
Nach 56 Tagen kann ich immer noch nicht länger als zwei Stunden nachts schlafen.
Weil die Beine so krampfen. Ich kann nicht duschen weil das wehtut.
Im Badezimmer stehen und sich wie ein Opa mit Waschlappen waschen.
Ich brauche mindestens zehn Minuten um zwei Stockwerke hoch zu laufen.
Wenn andere in der Morgenrunde sprechen, kenne ich ihre Antworten.
Zu oft bin ich hier gewesen, ich rieche Schwätzer aus zehn Metern mit Gegenwind.
Sie haben auswendig gelernte Antworten. Externe Gründe.
Alle werden sie rückfällig werden. Ausnahmslos.
Die einzige Chance die du als Süchtiger hast,
wenn dein Leben in aktiver Sucht so unerträglich furchtbar ist,
dass der Entzug sich nach Urlaub anfühlt.
Wenn du Angst bekommst, dass du bald stirbst.

Was sagst du dazu, Jasmine?
Der Friedensvertrag bei der Visite 
und die Abrüstungsverträge in meinen Venen.
In meinem Befund steht, dass mich die Sanitäter 
mehrmals geohrfeigt haben.
In meinem Befund steht, dass ich schwer süchtig bin.
In meinem Befund steht, dass ich Polytoxikomane bin.
Ein Verrückter der alles frisst.
Ich habe auf der Rückseite des Papiers geschaut,
aber nirgendwo wurdest du erwähnt.
Wie kann das sein?
Als ich zu mir kam,
die Fixierung an Handgelenken,
Bauch und Beinen,
hab ich nach dir gefragt.
Aber du warst nicht da.
Warst du in New Jersey? Warst du in Tschechien?
Verstehst du die Schönheit einer Steckdose die 
sorgfältig installiert wurde?
Ist dir das heute wichtig?

Der Krieg im Kopf und die Waffenruhe beim Dealer.
Für immer unsicher ob ich dieses Leben wirklich leben will.
Wäre es vorbei, meine Mutter hätte gesagt:
Er war schon immer sehr sensibel.
Ja das war ich.
Meine Freunde hätten gesagt:
Er war für dieses Leben nicht gemacht.
Nein das war ich nie.
Dieses scheiß Leben. 
Mit Tauben, Sonne, Tau auf den Blättern und Geruch nach Sommer.
Mit diesen Menschen. Und ich weiß für immer wie sie sein können.
Mein Stationsarzt hätte gesagt:
Ja, ein schwer süchtiger Patient. Schlechte Prognose.
Da hat er Recht.
Und draußen warten die Menschen. Mit ihren Berufen.
Mit ihren Urlauben. Autos und Familien.
Diese furchtbare Langeweile. Alt werden und dann langsam zufrieden sein.
Als wir Teenager waren, haben wir uns mit Traurigkeit aufgespielt.
Dunkle Klamotten tragen, lange Haare und Rebellen spielen.
Ich hab das ernst gemeint.
Nie damit aufgehört. Für immer Teenager.

Aber ich erinnere mich auch an bessere Zeiten. Erinnere ich mich für immer.
Mittlerweile erinnere ich mich an Erinnerungen.
Kurze Handyvideos. Wie du dich vor dem Schwimmbad im Kreis drehst.
Und dein Rock so hübsch. Wie du lachst, weil ich mich schäme.
Für die Dirty Pretty Things im Auto. 'Bang, Bang - your're dead'
In jedem Zimmer jeder neuen Wohnung miteinander schlafen. 
Deine WG-Wohnung die mal ein Büro war, die Bone Machine LP von Tom Waits.
Das erste Album der Arctic Monkeys. 
Und wir tanzend dazwischen. 

Für dich ist dieses Erinnern an uns nichts wert. Aber für mich war es das einzig Gute.
Die einzige unbeschmutzte Weste die ich mir noch anziehen konnte.
Niemals den Glauben verlieren, nicht den Funken erlöschen lassen.
Bis zu dem Tag an dem Funke und Glauben das Einzige waren was ich nicht verkaufen konnte.
Jasmine, für dich ist das alles nichts wert. Aber ich hab damit überlebt. 
Jede Vene die mir kollabierte, jeder hundert Euro Schein, alles nur um dich nicht zu vergessen.
Wenn die Menschheit nur wüsste, 
wie oft ich deinen Namen gedacht, geweint und geflüstert habe.
Sie würden alle endlich verstehen, wieso ich so bin wie ich bin. Wieso ich das mache.
Die Menschen würden mir Denkmäler bauen,
noch nie hat jemand so geliebt wie ich.

Für immer besitze ich das. Kann mir keiner wegnehmen. Egal wie wenig ich dir bedeute.
Wir müssen nicht neu anfangen. Mit mir ist nichts anzufangen. Ich kann nur aufhören.
Nur weil wir eine schöne schlimme Zeit hatten, hatten wir nur eine schlimme schöne Zeit,
deswegen muss man es nicht nochmal versuchen. Bis ans Ende meiner Tage bin ich jetzt anders.
Du wirst mich nicht mehr erkennen können. Ich bin ein Alptraum.
Wie froh du gewesen sein musst, mich endlich los zu sein.
Dein Schrecken, als ich dir nach zehn Jahren eine Nachricht schrieb.
Als sie mich ins Leben zurück holten, war ich mir unsicher.
Vielleicht hatte der kleine Junge doch gewonnen? 
Die Geschichte von meinem Tod als Happy End.

In einem Jahr treffe ich eine ehemalige Schulkameradin im Supermarkt.
Wie gut ich aussehen würde, meine Augen wären so klar, ob ich abgenommen hätte?
Stehe mir alles sehr gut. Ich nicke und stehe hinter mir. Hochstapler.
Vergewaltigter Junkie. Für immer Junkie. Ich nicke und nicke und nicke.
Voll nett von dir. Ja klar, ich bin so vernünftig.
Ich weiß genau wieviel du in drei Stunden verdienen könntest. 
Ich weiß auch wieviel die hübsche Kassiererin an einem Wochenende machen könnte.
Kein Problem. Keine Hürde. Keine Sorgen. Bisschen Alkohol. Bisschen MDMA.
Komplimente. Zum Runterkommen dann leichte Opiate. 
Bisschen dies, bisschen das.
Schon bist du im Heuhaufen unterwegs, suchst Nadel und Geld. 
Für immer werde ich wissen, wieviel dein Körper an Heroin bringt.

Die anfängliche Sorge deines sozialen Umfeldes.
Der beginnende Ekel vor deinem widerlichen Verhalten.
Der Schock darüber, welche Dinge du anderen antust um dir selber Dinge anzutun.
Das Abwenden aller Menschen als verständliche Reaktion.
Junkies müssen am Ende sein, nur wenn sie niemanden mehr haben hören sie auf.
Behaupten die Leute, aber das stimmt nicht,
Das Gegenteil von Sucht ist menschliche Verbindung.
Sucht heilt man mit Liebe, nicht mit vermeintlich gelebten Idealen.
Du sollst deiner süchtigen Tochter nur nicht immer wieder Geld geben.
Wie stolz sie alle sind. Wie ernst sie mich fragen:
'Wie geht es dir?' und wie sie keine ehrliche Antwort haben wollen.
Also darf ich nicht sagen, dass ich nicht vergessen kann 
wieviel eine 24 jährige Frau in vier Stunden verdienen kann.
Wieviel Methadon ein ungeborenes Kind wegschluckt.
Ich darf nicht sagen, wie ich jede Sekunde meiner Existenz hasse.
Darf nicht verraten was Menschen bereit sind zu tun, damit der Entzug aufhört.
Wie gestandene Väter dir Sex anbieten, für ein halbes Gramm oder eine saubere Spritze.
Der Anblick einer abgebrochenen Nadel in der Leiste.
Wie Lippen blau werden bei einer Überdosis
und wie friedlich sich eine Überdosis überhaupt anfühlt.
Ich darf lächeln und mich für die Komplimente meiner Abstinenz bedanken.

Mit tiefen Ringen um meine Augen starre ich an die Wand.
Ich fühle nichts. Ich fühle nicht mal mehr Nichts.
Ich fühle Kälte. Eine eisige Kälte die alles erfriert.
Ich bin seit Wochen clean und kann immer noch nicht schlafen.
Meine Beine krampfen immer noch.
Wenn es gut läuft schlafe ich morgens um vier für eine Stunde ein.
Wache dann von Alpträumen geschüttelt nassgeschwitzt auf.
Für immer schwitzen. Bis in alle Ewigkeit Insomnia.
Wann bin ich normal? Bin ich unbeschädigt?
Wie viele Jahrhunderte muss ich noch durchhalten?
Ich will noch nicht mal mehr ballern, ich will eine Nacht friedlich schlafen.
Sie machen Reaktions- und Aufmerksamkeitstests mit mir.
Kognitiv habe ich nichts verloren.
Aber keiner misst mein kleines süchtiges Herz.
Niemand vermisst mein Herz.

Das erlernte Wissen um den Betrag den eine Frau in vier Stunden einbringt 
und die Schockstarre ohne Ersthelfer.
Wieviel es kostet eine Frau für 24 Stunden zu besitzen. Wieviel zehn Minuten wert sind.
Wie sich Männer benehmen wenn sie genug Geld haben. 
Schwabbelige Verrückte von schreienden Frauen ziehen. Zuerst Reizgas, dann Schlagstock.
Irgendwann Waffen. Der Samstagabend an dem ich eine Pistole anstarrte.
Nicht glauben konnte, dass eines der Mädchen wirklich eine Waffe besorgt hatte.
Nicht weil Menschen damit sterben, sondern weil ich mit dem Geld viel Heroin hätte kaufen können.

Drei Jahre lang stieg das Wasser immer höher und ich musste die Waffe immer weiter heben.
Der langsame Tod eines normalen Menschen. Jeden Tag wieder.
Das traurige Lied über einen einsamen Menschen. Jede Nacht wieder.
Das vergessene Gedicht von einem gescheiterten Autor. Jedes Wochenende wieder.
Die Zeiten konnten gar nicht schlimm genug werden. Es durfte nicht aufhören.
Bis ich heulend am Telefon Kliniken anrief um mich aufzunehmen,
weil ich nicht wusste ob ich das Wochenende überlebe.
Die verbleichende Erinnerung an die dünne Liebe,
und das Wehklagen eines Waisenkindes. 

Ich hab dich heute auf dem Parkgelände gesehen, darf noch nicht durch das Tor gehen.
Ich hatte einen Stein im Kopf, mir fiel nichts Schlaues ein. Diese Frau.
Diese Frau sah aus wie du auf dem Fensterbrett. Mit deinen Augen. Deinen Haaren.
Und weichen Wangen. Aber mein Verstand spielt mir Streiche.
Denn ich bin schon so alt geworden, für mich wiederholen sich Gesichter. 
Das warst du gar nicht. Du bist für immer weg.
Für immer ein guter Mensch, eine Mutter und kein Dieb. Kein Dealer.
Du bist nicht süchtig und ich für immer Junkie.
Nie wieder ich und für immer du. 
Jedes Mal wieder nur du, Jasmine. 

In meiner Welt sitzt du da noch. Auf dem Fensterbrett. Bevor alles zu Heroin wurde.
Als ich dich das erste Mal auf dieser Geburtstagsparty sah und mir schwor dich zu küssen.
Mir tut das leid, weil ich damals nicht wusste wie schlimm es wird. 
Ich hätte alles mehr genießen sollen. Jetzt weiß ich wie Menschen sein können.
Wie sie sich ver- und andere einkaufen.

Alles wird gemacht um irgendwann zu enden.
Und wenn wir genauso sind, Jasmine.
Dann will ich wenigstens dass unser Ende
für immer ist.
Dir ist es egal, mir umso wichtiger. 
Vielleicht vermisse ich gar nicht dich, 
sondern nur mich.

Steine im Kopf

Eine Wohnung. Das Treppenhaus stinkt. Müll überall.
Nicht nur weggeworfener Abfall. Die Menschen in der Wohnung sind auch Müll.
Ich dazwischen. Schwitzend, wohlig warm. Meine Kreditkarte leergeräumt.
Es riecht nach nassen Handtüchern. Der Mund ist trocken.
Stefan legt nach. Ich habe ihm gerade 500 Euro gegeben. Das müsste für heute und morgen reichen.
Vielleicht sogar für den Tag danach. Stefan ist nach dem Ziehen, mit seinem Handy beschäftigt.
Eine Mansardenwohnung. Wie ich es hasse. Die Wände sind schräg. Aber ich bin satt.
Kein Entzug, voll dicht. Nicke immer wieder weg. So wie ich es liebe. Mein Arm juckt.
Ich schlafe kurz ein und schaue auf meinen Ellenbogen, ich habe den Pullover durchgeblutet.

Von Hinten (Deutschland '87 - '24)

Oft habe ich mich gefragt 'Wer hat die Karten gezinkt?', wieso muss ich mit diesem Blatt spielen? Woher kommt das und wieso ist das so? Sind es Gene, die DNA in meinen Zellen oder anerzogen? Soziale Prägung? Alles zusammen? Oder bin ich doch einfach nur ein Loser? Traumatisiert von der Arbeit auf der Intensivstation. Schlechte oder glückliche Kindheit? 
Oft dachte ich, wenn ich es schaffe diese Fragen klar zu beantworten, dann werde ich geheilt sein. Auf einmal nicht mehr voll süchtig, sondern in mir ruhend und ausgeglichen. Vielleicht am Wochenende zum Markt, frisches Gemüse kaufen, danach bisschen spazieren gehen und mit meiner Frau das Haus weiter renovieren. Diese Fragen habe niemals beantwortet, also ist da auch kein Gemüse. Keine Frau und kein Haus das auf mich am Wochenende wartet.
Oft habe ich mich gefragt, wieso ich so unerträglich wütend bin. Sobald sie mich auf Entgiftung in die Psychiatrie schicken, werde ich nüchtern und dann wütend. Konsumiere ich um nicht mehr wütend zu sein? Bin ich wütend, weil ich nicht konsumiere? Für immer nüchtern und wütend? Was ist das? Wo kommt das denn her?
Ich habe zehn Jahre kein Wort geschrieben, kein Gedicht, keine Kurzgeschichte und auch keinen Brief. 
Es schmerzte, schmerzte so sehr, dass zu schreiben mir die Luft nahm. Aber ich spüre dass der nächste Rückfall mein letzter sein wird. Ich habe es geschafft und alles auf die Spitze getrieben. Vor zehn Jahren habe ich Heroin in zwei Wochen zu Hause ausgeschwitzt. Mit Methadon und Benzodiazepinen ist das anders. Mittlerweile bin ich vier Wochen clean und habe immer noch Schmerzen. So einen Kraftakt werde ich nie wieder schaffen, andere wollen nicht zurück in den Knast und ich gehe nie wieder in die Psychiatrie. Das war es für dieses Leben. 
Deswegen ist es nun an der Zeit alles aufzuschreiben, ehrlich zu mir selber sein und alles was mir angetan wurde in Text zu speichern. Ich schreibe auch nicht nur für mich. Ich schreibe für alle toten Patienten, ob Kind oder Oma, ich schreibe für alle Junkies die es nicht geschafft haben und ich schreibe für alle Prostituierten die da nicht rauskommen. Ich fühle mich diesen Menschen näher als jedem Arbeitskollegen oder Verwandten. 
Dies wird kein Buch mit Pointe. Hier ist keine Twist am Ende versteckt. Nur eine hoffentlich längere Phase des "Clean seins" und die will ich nutzen um zu schreiben. Es gibt keine Auflösung am Schluss, eine Auflösung die dem Leser zeigt, warum ich das hier tue. Denn ich weiß es nicht. Und das ist das Schlimmste. Das Gefühl eine Zeitbombe zu sein. 


1.0 - Warum Heroin?

Fragen sich viele. Wieso überhaupt damit anfangen? Es gibt viele Gründe und Ursachen. Meistens hält man sich für schlau. Du probierst einmal. Vielleicht eine kleine Nase und merkst 'Hey das ist ja gar nicht so schlimm!'. Dir geht es am nächsten Tag sogar gut. Kein Entzug und kein Kater. Zum ersten Mal war die Welt eine Weile still, kein Schmerz, nur Liebe und Wärme. Dein ganzer Körper, jede Zelle, alles singt vor Liebe. Also kannst du ja erstmal nur am Wochenende konsumieren. Klappt vielleicht sogar vier, fünf Monate. Kein Problem. Du bist schlau, kein Junkie, in tausend Jahren nicht so dumm wie die Obdachlosen oder Nutten. Und vor allem - du bist immer noch nicht abhängig.
Doch dann ist da dieser Montag. Harter Tag, dir geht es nicht gut, Stress mit dem Partner oder vielleicht ist dein Geburtstag. Du hast Trost oder eine Belohnung verdient. Also kann eine kleine Nase nicht schaden. Vielleicht auch Dienstag. Klappt ja so gut. Wieso nicht immer gut fühlen? Dann am Mittwoch oder Donnerstag kommst du zu Sinnen und lässt es sein. Der Stoff ist eh alle. Na Gott sei Dank, neu holen? Auf keinen Fall. Aber wieso geht es dir so komisch? Muss eine Grippe sein, oder? Woher der Durchfall und die Bauchschmerzen? Wieso kribbeln die Beine so extrem dass du nicht ruhig liegen oder sitzen kannst? Irgendwann fällt es dir auf, oder dein spezieller Freund sagt dir lachend 'Junge, du bist nicht erkältet, du bist entzügig.'
Hältst du das aus? Schaffst du das? Vielleicht hast du einen wichtigen Termin, du darfst, du kannst heute nicht krank sein. Konsumierst du also doch mehr. Und bald sitzt du neben mir. Überlegst wie du an Geld kommst.

Dann gibt es Menschen wie mich. Schwerer Schicksalsschlag, vielleicht eh schon Erfahrungen, wenn auch schlechte, mit Opiaten gemacht. Freundin ist weg. Fünf Jahre im Abfluss gluckernd. Du bist fast vierzig Jahre alt. Keine Zukunft, keine Familie, bisschen an Gewicht in den letzten Jahren zugenommen. Der Schmerz ist unerträglich, an Schlaf ist nicht zu denken und die Depression nimmt dir die Luft zum Atmen. Du denkst daran dich weg zu machen. Und dann kommt sie. Nimmt dir jeden Schmerz. Du willst eh sterben. Weg sein. Warum dann nicht bisschen gut vorher fühlen. Du weißt wie gefährlich sie ist, aber sie tut so gut. Deswegen sind manche Junkies ihrem Gift auf ewig dankbar, ohne ihre Sucht wären sie nicht mehr lebendig.

Es gibt immer hierarchisches Denken, selbst Junkies fühlen sich besser als andere Junkies. Naja, ich zieh ja nur Heroin, ich rauche es nicht. Pah, ich rauche es nur und setz mir keine Knaller. Tja, ich setz mir zwar Knaller, aber wenigstens habe ich eine Wohnung.
Denn Sucht ist Säure. Dein Leben eine Zwiebel. Jede Schicht ist ein Tabu, ein unumstößliches Prinzip. Ich würde meiner Familie das niemals antun oder ich würde mein Heroin niemals aufkochen. Aber die Säure dringt durch jede Schicht deines Lebens, sie ist geduldig und zersetzt alle Tabus, sie durchdringt alle Prinzipien. Wie es dazu kommt? 

Du gibst am Anfang für ein Gramm so 25 bis 30 Euro aus. Du bist noch nicht lange dabei, das reicht dir vielleicht sogar für zwei Tage. Du bist noch mit Nase dabei. Dann irgendwann ist es soweit, dass du am Tag schon zwei Gramm wegziehst. Sind wir schon bei mindestens 50 Euro, und wenn wir ehrlich sind, es sind eher 60 Euro. Dann kommt die Katastrophe. Der GAU, du hast kein Geld, musst aber übers Wochenende kommen. Montag gibt es Geld. Vielleicht hast du noch ein Gramm. Wenn du das jetzt ziehst, dann bist du spätestens Samstag Morgen entzügig und scheißt dir in die Hose. Du musst das Meiste, das Beste aus deinem Stoff rausholen. Jetzt ist es soweit. Wenn du es dir intravenös gibst, dann kommst du locker bis Montag mit deiner Schore hin. Die Säure hat sich jetzt weitergefressen.
Dann wieder das Übliche. Du setzt dir Knaller, aber deine Toleranz steigt, nun bist du angeschissen. Irgendwann musst du dir alle drei bis vier Stunden einen Knaller setzen. Das sind mindestens 80 Euro am Tag. Im Monat sind das 2.400 bis 2.500 Euro. 

Ich fühle mich an manchen Tagen als hätte ich eine Naturkatastrophe überlebt, so viele meiner Bekannten sind gestorben. Alles Junkies, deswegen traue ich mich nicht sie Freunde zu nennen.
Die Szene wurde vom Bahnhof vertrieben und schlug ihre Zelte bei dem nächsten Substitutarzt auf. Dort gab es eine junge Frau mit roten Haaren, wirkte immer recht fröhlich und war meist hilfsbereit. Sie wurde an einem Samstagmorgen tot aus dem Kanal gefischt. Überdosis.
Normale Menschen würden jetzt denken, wir hätte wie Verrückte nach ihrem Dealer gesucht um zu wissen welchen Stoff wir meiden müssen. Aber nein, wir suchten nach ihrem Dealer um an diese sagenhafte Schore zu gelangen. Wenn eine erfahrene Süchtige sich damit aus Versehen weg macht, dann muss das Heroin Bombe sein. Und so war es auch. Das beste Heroin meines Lebens. Frag mich nicht welches Prinzip ich damit verraten habe, es ist mir mittlerweile egal. Ich kann diese gestorbenen Prinzipien gar nicht mehr zählen.





Unter Den Fingernägeln




Das sind so ungefähr meine Gedanken.
Ich bin gerade in einem Moment gefangen.
Und ich hoffe, dass er nie wieder endet.
Denn meine Hand ist warm. Ich trage keine Handschuhe.
Es ging zu schnell.


Frau Mustermüller hat eine Clownsmaske auf.
Ich trage keine weisse Kleidung. Ich trage nur Strapsen, die sich eng
an meine behaarten und muskulösen Beine schmiegen.


Frau Mustermüller ist jemand.
Und sie ist alle Menschen.

0982u3wenschmerzenklfgw0983932783737364747474777777777777777777
sdfkjbsdf89zsd98fzsschreitdgfsdgs
Schmerzen vor schreit sie.sdgdsjkhgdüfschmerzen
asdfsdoIhr Bauch ist offen und ich kann riechensdfafdsg89.
Kann Scheiße riechen.sdfgdsoi093290we a)(ÜÖIUG9g)üoh97IU
Es krabbeln kleine Insekte aus dem Loch direkt unter ihren Brüsten.
Ihr Körper kotzt Tumordreck aus. Lässt die OP-Naht platzen.
Ein feurig wilder Schwall Tumorkotze, ergießt sich aus ihrem Bauch,
in das Bett, auf den Boden und auf meine Hände.

Die Alarmklingel.
Sie klingelt ihr klingelndes Lied.
Man kann das schrille Geräusch wahrscheinlich auf der ganzen Station hören.
Am Tag, bei Sonnenlicht, wären schon seit fünf Minuten mindestens zwei Schwestern und zwei Ärzte hier.
Aber in der Nacht und im Dunkeln sind wir, bin ich...alleine.
Das Drücken des roten Knopfs war eine antrainierte Reaktion, ein beruflicher Instinkt.
Völlig ohne Aussicht auf Erfolg. Das verzweifelte Anwenden, von erlernten Fähigkeiten, in einer hoffnungslosen Situation.

Frau Mustermüller liegt in einem großen Zimmer.
Es ist das Rollstuhlzimmer. "Genug Freiraum für Mobilisationen aller Art", preist die Informationsbroschüre.
Mir ist kalt. Mir ist so unendlich kalt und ich habe Angst.

Mit der linken Hand drücke ich Frau Mustermüller an der linken Schulter auf die Matratze.
Sie ist panisch und will aufstehen, sie weiß dass sie stirbt. Sie weiß es schon viel länger, aber jetzt macht sich durch alte Instinkte in ihrem Reptiliengehirn die Tatsache des sofortigen,
gleich eintretenden Todes bemerkbar.
Ich müsste ihren Platzbauch versorgen, aber dafür ist keine Zeit und keine Möglichkeit.
Frau Mustermüller muss sediert werden, abgeschossen werden. Muss in das Niemandsland um von dort in das Garnichtland zu kommen.
Mit der rechten Hand, drücke ich hektisch die Piepertaste auf meinem Telefon.
Ich rechne nach, Jennifer braucht mindestens fünf Minuten um hier zu sein.
Genau in diesem Moment wird ihr Pieper klingeln.

"ES TUT SO WEH!", die Augen von Frau Mustermüller sind weit aufgerissen.
Ihre Arme sind dünn, sie hat keine Fettpolster am Körper.
Der Primärtumor, in ihren ehemals warmen Eingeweiden, ist ein guter Esser gewesen.
Ich könnte meinen Arm bis zum Ellenbogen in ihren Platzbauch stecken.
Sie ist Mitte 60, von Depressionen bis Brustkrebs hat sie alles durch.
Eine rote Zahl in schwarzen Statistiken.
Sie hat keine Haare. Auf ihrer Glatze verteilen sich rote, schuppige Flechten.
An einigen Tagen mehr und intensiver, an besseren Tagen blass und unscheinbar.
Das Patientenhemd hat sich vom Körper gerissen, es liegt blutverschmiert neben dem Bett.
Ihre schlaffen, leeren Brüste hängen links und rechts am Körper.
Sie liegt keuchend auf dem Bett, kann nicht ruhig bleiben.
Die Patientin windet sich wie ein Aal, wird gesteinigt, von Blitzen getroffen.

Ich habe Jennifer angepiept.
Werfe das Telefon weg, und halte die Patientin mit beiden Armen fest.
Ich schaue ihr in die Augen, in dem Moment schreit sie wieder.
Es ist eher ein Brüllen, ein animalisches Schreien nach Erlösung.
Sie stößt keine Wörter aus, nur ein langgezogenes tiefes Wehklagen.
"Frau...", sie schlägt mir gegen die Brust. Ich entscheide mich dazu, ihre Arme festzuhalten,
da sie versucht sich an den Bauch zu greifen.
Ich rufe etwas lauter "Frau Mustermüller!!", sie schaut mich nicht einmal an.


Ich beuge mich rüber und flüstere ihr in's Ohr.
"Frau Mustermüller, verstehen sie mich.", sie ruft "Es tut so weh. Es tut so weh.".
Aber ich bin überzeugt, dass dieses Wehklagen eine Reaktion auf mich war.
"Hören sie mir zu. Frau Mustermüller, nur ganz kurz.", ich rede langsam, leise und deutlich.
Sie muss mir zuhören, sonst versteht sie nichts, Menschen sind einfach neugierig, bis in den Tod.

"Die Ärztin ist gleich da, versuchen sie ruhig zu bleiben, Frau Mustermüller", ihre Atmung geht ein wenig runter. Sie versteht mich.
"Ich bleibe hier, Frau Mustermüller.",
ich hebe meinen Kopf hoch und schaue ihr in die Augen.
Ihre Pupillen sind klein wie Stecknadelköpfe, eine Folge der Morphinneueinstellung vorgestern.
"Ich--bleibe--hier. Okay? Haben sie das verstanden?", und ich habe Recht.
Natürlich bleibe ich hier, wohin sollte ich auch sonst gehen? Wohin könnte ich gehen?
Um diese Uhrzeit? In dieser Stadt? In diesem Jahrhundert? In dieser Welt?

Frau Mustermüller beruhigt sich, ab und zu muss ich ihre Hand von ihrem Bauch schieben.
Sie greift sich instinktiv an ihre Wunde.
Ich versuche meinen Blick abzuwenden. Aber dieses riesige Loch ist faszinierend.
Ich kann direkt in ihren Körper schauen. Es ist nicht das erste Mal, dass ich diesen Anblick genießen kann.
Aber noch nie konnte ich einen Platzbauch bei einem absolut kachektischen Menschen betrachten.
Geronnenes, schwarzes Blut fließt in Strömen in das Bettzeug.
Ich kann dunkle Brocken in der Wunde erkennen.
Mir fällt auf, dass meine Patientin nicht mehr atmet. Ich schaue sofort auf ihren Mund.
Suche nach dem blauen Dreieck.
Eigentlich ist ein Platzbauch nicht tödlich, soviel Blut hat sie nicht verloren.
Vielleicht hat ihr unterernährter Körper einfach der schmerzhaften Gnade eines Herzinfarkts hingegeben. Vielleicht stirbt sie an einem 0815-Schock.
Aber höchstwahrscheinlich ist Frau Mustermüller einfach dabei aufzugeben.
Ihre Augen sind geschlossen, mir fällt es erst jetzt auf, und in diesem Moment reißt sie ihre Augen auf. Ich schaue sie fragend an.
"...net...", flüstert sie.
Ich beuge mich wieder zu ihrem Ohr hinab.
"Wie bitte?", frage ich, sie starrt an die Decke, an den gleichen Punkt wie der Kerl vor einer Woche, und wahrscheinlich auch auf exakt den gleichen Punkt wie alle anderen Patienten vor ihr, die in diesem Bett gestorben sind. (In jedem Bett eines jeden Krankenhauses in Deutschland ist schon einmal jemand gestorben.)
"Ein....bet.". Ich verstehe.

Ich kann das "Vater unser" trotz aller Hospiz Erfahrung nicht sonderlich gut.
Wir beten, zumindest versuche ich es. Als wir mit einem Amen abschließen, beuge ich mich zu ihr hinunter und sage:
"Es tut mir wirklich sehr, sehr leid."

Frau Mustermüller wird von der Schnappatmung bedrängt. Sie stirbt.
Ich lasse sie los und schaue mir meine Hände an.
Sie sind voller Blut. Dickes, frisches, dunkles, helles...Blut.
Alles miteinander vermengt. Ich habe Koagel unter den Fingernägeln.
Alle paar Sekunden reißt meine Patientin ihren Mund auf, reißt ihre Augen auf
und schnappt nach Luft.
Ich überlege ob ich ihr einfach die Bedarfsmedikation Morphin spritze und entschließe mich dazu, es so schnell wie möglich aufzuziehen.
Die Patientin blutet weiterhin aus ihrem Bauch.
Ich atme tief ein und kann den Tumor riechen.
Er hat einen Geruch und alle seine Kinder auch.
Die Metastasen, einige so groß wie Mandarinen, einige so klein, dass nur ein Mikroskop sie erwischen könnte, sie stinken genauso nach Verwesung,
Bitterkeit und Jauche wie der Primärtumor.

Die Tür geht auf.
Jennifer steht im Zimmer. Um ihren Hals baumelt ein Stetoskop
Verschlafen streicht sie sich eine Strähne aus dem Gesicht.
Sie schaut mich von oben bis unten an.
Bleibt mit ihrem Blick an meinen Händen hängen.
Ich halte sie wie einen Fremdkörper von mir weg

Holst du mich ab?

Eine Art Gedicht.











Mein Onkel

für Heiko. 
heute verstehe 
ich dich besser
als mir lieb ist. 
es tut mir leid. 

Mein Onkel steht an dem Fenster im Wohnzimmer.
Er ist alleine.
Mein Onkel hat fettige Haare und riecht nach Alkohol.
In der rechten Hand hält er eine Flasche Bier.
Meine Tante steht im Erdgeschoß hinter der Kasse.
Die Beiden betreiben ein Blumengeschäft.



Mein Onkel geht nicht aus dem Haus.
Er mag die Welt nicht mehr
Vor zwei Wochen hat er sich zum ersten Mal seit acht Jahren wieder getraut
die Wohnung zu verlassen. Wir freuten uns, er war freundlich und gut gelaunt.
Er besuchte meine Oma und bedankte sich, er ging zu seinen Stiefbrüdern
und redete mit ihnen über alles,
- einfach alles - 
außer seinen Problemen.

Vom Unterbrechen der Stille

Sie schaut in den Spiegel und betrachtet ihre Brüste.











Drogen sind

Die deutsche Literatur ist unsere Schlampe.
Lesen und verstehen.








Der Psychologe, der Vertrauenslehrer, Mama und Papa, die Freundin, die Ex - Freundin, der liebe Gott, der Doktor bei der Musterung, deine kleine Schwester, dein Bruder, deine Großmutter, der Obdachlose, der Gläubige, die Polizei, DIE JUSTIZ, der Staat, die Experten, die Talkshows, dein Gewissen, die Krankenschwester, der Aussenseiter, deine Seele, die unterbezahlten Streetworker, das Jugendamt, die Stille am Nachmittag, alle, alles, jeder - sie alle!

alle fragen dich -

Was sind Drogen?


Der Aschenbecher auf dem Tisch, mein Blick in der Vitrine, das Glas, in dem mein Gesicht so schwammig reflektiert. Gebrochen von den Rauchschwaden, auf dem Weg nach oben, Richtung Deckenlampe.
Ihr Foto an der Wand, den Stein im Kopf, das Gewissen im Arsch. Die Antwort zwingt mich zum KO - Schlag, hole ich doch regelmäßig aus wie beim Sucker Punch in der U-Bahn. Ich asche ab, überlege, stehen sie alle bei mir vor der Tür und wollen Antworten haben. Später gibt es Teegebäck, Konzentration denn -

ich sage,

Drogen sind Freunde, sie sind Feinde, manchmal auch Komplizen auf der Flucht. Drogen sind nur vier Stunden Schlaf und den Schmerz im Kopf. Abschätzige Blicke, drängende Fragen, leere Versprechen, große Ideen. Tolle Erinnerungen, ewige Freunde, tote Menschen.
- Drogen brauche ich, Drogen hasse ich. -
Sie bedeuten, ey, du kannst mir gar nichts, sie zeigen Sklaven die sagen, ihnen gehöre ihr Leben und sie würden, ach hör doch auf, kommt permanent von der Seite - Drogen sind, ich kann jetzt nicht ausreden. Angst, Einsamkeit, Geselligkeit, blutenden Nasen und Ausreden. Ich kann jetzt frei denken und Drogen sind lassen ICH WILL ALLEINE SEIN! Paranoia, Psychose, Kreativität, Ticks, Neurosen, wilder Sex, intime Küsse, ewige Momente, Kotzen während man hemmungslos aus Körperöffnungen blutet.
Ich stehe vor dem Durchbruch und ich will mich umbringen. Obsession, Leidenschaft, vergiss nicht First und Secondplayer bei Pro Evolution Soccer, ich gewinne jedes Spiel. Verzweiflung, Kopie, doppelter Boden, bitte einmal OCB und die Tipps, wieso hat die Tanke zu? Häufig auch, scheiß drauf Digga, ich mach's. Durchhalten, Leistung, seit 20 Jahren vor dem Schlafen beten. Könnte schlimmer, könnte besser sein, falls mich jemand hört, jawohl ich danke.
Schöne Mädchen, zerstörte Leben, Krankheit, Tod, Leben ich will dich nie wieder sehen. Drogen sind mein Leben, lieber drei Jahre Kontrolle als siebzig Jahre schlafen. Sie sind, ich kann das eigentlich nicht mehr lange so machen, mein Leben ist die Hölle, am Wochenende muss ich es einfach vergessen dürfen. Ich antworte mit erhobener Hand und werde niemals müde zu behaupten, Drogen sind der einzige Weg, ich verachte dein Leben, ich hasse alle deine Ideen, ich verabscheue dein Äußeres. Gott, wenn ich es sogar schwöre, tief in meinem Herzen, ich benutze Klischees, und wiederhole tief in meinem Herz; ich kann einfach nicht leben, weil ich euch und was ihr seid so sehr hasse. Drogen sind, zumindest entscheide ich an was ich kaputt gehe, passend dazu oben, der doppelte Boden, Psychosen und eingebildeter ich kann jederzeit aufhören, Maria, wenn ich es dir doch schwöre. Drogen bewirken, ich bin jederzeit ehrlicher als du, und lüge nur wenn mir danach ist. Drogen sind, ich komme in den Himmel -weil - ich bin ein guter Mensch. Sie sind, ich rufe dich nie wieder an, sie sind, in zehn Minuten hundert mal an dich gedacht, vielleicht geht dann was. Sie sind, kennt ihr den Affen im Nacken? Sie sind, ich habe mehr erlebt als du und ich will einfach mal wieder ausschlafen und meine Ruhe vor der Welt haben. Ich reiche Teegebäck, meine Antwort dauert eine Weile. Sie reißen ein Loch in deine Welt, Dinge aus einer anderen Perspektive, Dinge aus einer falschen Perspektive. Druck auf dem Brustkorb, Angst vor dem Tod, Menschen widern mich einfach an. Drogen, sind nur da, weil alle anderen nüchtern langweilig sind. Alles geht kaputt, ich will es nicht sehen. Zwei Frauen in einer Nacht, andererseits auch, Versagensängste und Risse in der Männlichkeit.
Von der Party zurück, Sascha pass mal auf, ich glaub [Drogen bedeuten] wenn ich jetzt einpenn', tötet mich mein Hirn im Schlaf. Ich lauf die Nacht um mein Sofa, Drogen sind, schlaf nicht ein, bleib unbedingt wach. Wahrscheinlich nicht für jeden, doch für mich sind sie, mir ist das Geld egal, das Team will den Ruhm.
Drogen sind - und wenn ich mich verkaufe, ich zieh das durch, wer haut was raus? Irgendwann klappt es bestimmt. Sie lassen mich gefährlich wirken, für kurze Wochen, manchmal auch nur Stunden, kostenlos ficken mit schauspielerndem Rock'n Roll und ungestrecktem Dope. Drogen sind, Geheimnise, erzähl's nicht weiter, war ein Fehler. Termine in ambulanten Kliniken, ich geb zu, bin gezwungen mich zu belügen, es tut mir leid, es ändert Nichts.
Vergehen in flackernden Neonlichtern, tanzen mit fremden Mädchen, Küsse Nachtbus, Sekt schmeckt nur selten, aber passend, gut. Ich habe keine Angst vor deinem Urteil und ich fürchte dein Reden, ich bin ein Nichts, Drogen bedeuteten ich bin ein willensschwacher Mensch, die Meisten sind etwas besseres als Ich. Wenn man könnte wie man wollte, alles was ich besitze langweilt mich. Drogen sind Hoffnung auf etwas Besseres, muss da draussen sein, leider finde ich es nicht. Ich zerbumse deine Freunde, stehe Seite an Seite, mit Sodomie und deiner Ex - Freundin, die du hoffentlich immer noch liebst. Ich schwöre auf den ersten guten Roman der Welt, halte die Konfirmationsbibel meiner Mutter in der Hand und sage - Drogen sind, ich schwöre, ich habe die Hölle gesehen. Offenbarung des Johannes, schon sechsmal durchgelesen, Schalen des Zorns, Weltmeere die kochen, Leid, der letzte Kampf, es beeindruckte mich sehr.
Patient glaubt an Gott, schiefer Blick, Psychosendiagnosen, Medikamente dreimal am Tag, Wirkstoff Grund für Depotwirkung, Entlassung zum Wochenende, Visite Ende. Der Vergleich hinkt, das sagt ihr. Drogen sind, ich will das, Meine Antwort ist sehr lang, wie die Liste der toten Menschen die vor mir ihren Darm entleerten. Man gibt mir wenig Geld, ich beklage mich gern, Drogen sind, ich habe Ausreden - du ein Leben. Sie sind,
ich wiederhole mich nicht gern, aber so eine hübsche Frau wie dich habe ich noch nie gesehen, wie ist dein Name, wo kommst du her, nenn mich wie du willst, bitte geh noch nicht weg, ich fühl mich in Discotheken häufig einsam, lass uns tanzen, könntest du nicht die gesuchte Traumfrau sein, die erlöst, um zu haben und zu halten, bitte verlieb dich in mich, bin zwar unglaublich dumm, dafür gebe ich alles was ich habe, zwar nicht viel, doch es gehört dir, bitte was? Drogen sind und dann seh ich dich, ich halte dich für einen utopischen Traum von Intimität, Verständnis und bis in den Tod. So reich mir doch ein Taschentuch, ich red nicht immer so, nein, das ist kein Blut.
Drogen sind eine Waffe, du hast Muskeln, ich kombiniere chemische Formeln mit Buchstaben, welche Armee soll mich schlagen, ich kämpfe mit allen was ich habe, schicke Truppen in die Schlacht, meine Waffe ist die Sprache.
Bedeuten sie doch, ich bin etwas Besonderes, wenigstens hab ich die Kraft an Etwas zu glauben, während du noch nüchtern schimpfst. Drogen sind, darf ich vorstellen, Abruch, entschuldige, bitte, schon kurz vor zwölf, Papier, Tabak, Tupperdose und wo ist das Feuerzeug schon wieder. Unter anderem der Grund, ich war dem Tod sehr nahe und permanent gezwungen von Verstecken körperlicher Symptome. Drogen sind Multiplikation, Highscore, Aufstieg, Niedergang durch ein Nasenloch gezogen oder in Fettfalten gespritzt. Drogen sind unter uns, Leugnen, Heucheln und schau sie dir doch an, ich bitte dich.
Drogen sind, Schatz hör auf, ich hab Angst um dich, lange her, sehr geliebt, traurige Augen, daran zu denken, was denkt du? Drogen sind, ich höre ihre Stimme als wäre sie noch hier, bitte hör auf, das ist es alles nicht wert. Ich werde verrückt, ich wirke gesund, ich brauche keine Hilfe, vielleicht doch, erneut kein Schlaf, immer noch wach, was sind Drogen? Unter anderem auch das Erkennen und gleichzeitige Verdrängen, wir werden alle sterben, du verdrängst es, wach auf, alles wird sterben, kein Sinn, ich habe Angst, alles endet, das kann nicht sein, Drogen sind Antwort auf, ist da wer und wenn ja, was wird sein?
Deine Mutter, deine Großmutter, der Psychiater, weltweit verschifft, sie stecken alle unter einer Decke. Pharmazie, Drogen sind organisiertes Verbrechen. Ungläubiges Staunen, Geschichten, Drogen sind, das kann ich nicht erzählen, sie wollen mich im Knast, Drogen sind - verpiss dich, ich bin härter als du! Ich denke auch sie sind Angst vor Dir, bin beeindruckt sowie eingeschüchtert, Drogen zeigen, ich bin sensibler als Du. Wie gesagt, führen sie dazu, ich bin ehrlicher, mag keinen Alkohol, Marke Herdentier zwingen sie mich in der Kneipe vor dem Deich zum kurzen Vergessen meiner Abneigung. Drogen sind ein Klebstoff, bin so widersprüchlich, dass ich fast zerreiße. Eigentlich kann man es kürzen, eventuell herunterbringen auf -
ich habe so fürchterliche Angst, kann heute wieder nicht schlafen,
mag dich nicht, hoffe auf Belohnung,
nenn es Gott,
ich nenne es Suche nach dem Ich.